Zeitlos.

Dass die Zeit relativ ist, ahnten wir Menschen wohl schon immer; nur bewiesen wurde es erst vor relativ kurzer Zeit. Wenn sich diese Theorie aber direkt im praktischen Umfeld des Alltags niederschlägt, kann einem schon mal schwindelig werden. Wie vielen Ländern wurde von Deutschen Besuchern schon angedichtet, dass dort „die Uhren anders“ gingen, obwohl dabei lediglich Spanische Faulheit, Griechische Drückebergerei, Italienisches „Dolce far niente“, Französisches „laisser-aller“ oder supra-mediterrane Angewohnheiten wie die Siesta etwas herablassend – und nicht ohne heimlichen Stolz auf die eigene Effizienz – kolportiert wurden.

In Kambodscha hingegen geht manchmal eine wahrhaftige „Zeitschere“ vor einem auf. Manche Dinge gehen scheinbar langsam vonstatten und sind dann doch schneller vorbei als je gedacht, reisen auf der Straße zum Beispiel. Oder etwas scheinbar schnelles entpuppt sich als quälend langsamer Prozess. So werden rasch und unmissverständlich gefällte Entscheidungen z.B. wieder und wieder von immer neu auftauchenden Kompetenz-Schranzen geprüft, validiert und … weitergereicht. Aber die wechselhafte Wahrnehmung dieser Vorgänge ist meist einem inneren Zustand geschuldet; dem oszillieren zwischen träger Gelassenheit und dieser tropenfiebrigen Ungeduld, die einen befällt, wenn man mal wieder nix gegessen hat.

Gespenstisch wird es, wenn manches gegen jede westliche Erfahrung im Handumdrehen erledigt ist, während anderes aus völlig unerfindlichen Gründen schiere Ewigkeiten dauert.

So habe ich heute das Fahrrad reparieren lassen und damit anderenorts einen neuen Lenkerkorb gefunden der montiert worden ist,, während ich meine Einkäufe gemacht habe. Meine Reisetasche wurde genäht in der Zeit, die es braucht um Wäsche wegzubringen, eine Cola zu trinken und eine zu rauchen. Auf dem Rückweg wurden das neue 20-Liter-Fass Wasser abgeholt und die Gaspatronen ausgetauscht. Das Ganze hat keine 40 Minuten gedauert, ich schwör’s. Die bereits vor 14 Tagen bestellte Ausgabe des „Headways Intermediate Teacher’s Book“ (durchaus handelsüblich hier) kann in 3 Wochen in Phnom Penh abgeholt werden.

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