Wir trinken soviel wir können…

Werbung kann manchmal doch noch Spaß machen: Beispielsweise der Spot des Familienministeriums (?), der mit dem kleinen Darth Vader für’s Kinderkriegen wirbt, wo man immer denkt: Ach, Kinder sind doch vielleicht auch außerhalb der Weihnachtsfeiertage was Schönes, in ihrer Fähigkeit, sich sogar ohne Alkohol in der wahren Realität einzurichten, und man würde womöglich erwägen, einen beschissenen Mittelklassewagen anzuschaffen, wenn man ihnen damit eine Freude machen kann.

Leider sind die großen, landes-, kontinent und weltweit verbreiteten Kampagnen selten so gut, während die Juwelen in den Provinzen von den lokalen Agenturen in aller Begrenztheit verbreitet werden und dem Gros des Publikums vorenthalten werden. So wirbt etwa derzeit die Regensburger Brauerei Bischofshof – Claim: „Das Bier, das uns zu Freunden macht“, was angesichts der Mentalität der Oberpfälzer schon die Frage aufwirft, ob in dem Bier wirklich nur legale Substanzen sind  – mit der Kampagne „Wir sind Bischofshof!“; und bringt authentische Typen aus der eigenen Brauerei und dem Gaststättengewerbe, wo man jetzt einmal sieht, dass eine Brauerei quasi einfach jeden Assoziierten für ein Werbeplakat ablichten kann, und man fasst gleich Vertrauen, während beispielsweise die Banken unter Zigtausenden von Mitarbeitern immer lange suchen müssen, bis sie einen finden, bei dessen Anblick man nicht gleich wohinfasst, um sicherzustellen, ob die Brieftasche noch da ist. So unterschiedlich sind die Gewerbe eben.

Das Lieblingsmotiv von Bischofshof sind Gaby (original mit „y“; re.) und Petra (li.), die auf dem Plakat an so einer brauereiinternen Schank stehen, mit einer Reihe von Flaschen vor sich und vor allem mit fünf frisch eingeschänkten Weißbieren („Weizen“, wie der Oberpfälzer sagt, weil: „Weißbier“ klingt oberbayerisch, also latent münchnerisch, und da hat der Oberpfälzer einen berechtigten, leitkulturell bedingten idiosynkratischen Impuls), mit fünf frisch eingeschänkten Weizen also, von denen die Gaby (re.) schon eins in der Hand hält. Und die Gaby (original mit „y“), schaut halt auch schon a bisserl so, dass man glaubt, was das Plakat dem Konsumenten da versichert, nämlich: „Beste Biere durch Verkostung und Kontrolle“ und der Petra glaubt man es eh, weil die ist auf dem Plakat im Hintergrund und etwas unterbelichtet, sodass man denkt, dass das auch seinen guten Grund hat. Jetzt ist das natürlich, wenn man sich mal in die Hirnwindungen zum Beispiel von einem Menschenfreund oder auch nur einem Gewerkschaftsmenschen hineinversetzt, ein bisserl eine merkwürdige Reihenfolge: Erst „Verkostung“, dann „Kontrolle“!-?-! Da könnte man schon kurz ins Grübeln hinüberdriften, mit Assoziationen an rotäugige Kaninchen und Mäuse, wo doch die Gaby und die Petra auch so weiß sind in ihren Kitteln. Aber nix da, die beiden Damen sind offenkundig durchaus fidel (die Gaby mit dem Weizen allerdings deutlich munterer als die Petra) und bei genauerer Betrachtung des Bildes sieht man ja jetzt auch, dass die Reihenfolge total der Bildkomposition entspricht: Vorne (re.) steht die Gaby mit ihrem „y“ und ihrem wirklich sehr leckerfrisch eingeschänkten Weizen und die Petra steht im Hintergrund (daher die Unterbelichtung) und hat, ja schau hin, ein Mikroskop vor sich. Und da sieht man natürlich sofort, wenn man Augen hat zu sehen, dass bei der Brauerei Bischofshof a) managementmäßig genauso wie belegschaftsmäßig einfach ein Grundvertrauen herrscht in die Qualität der eigenen Produkte, weil: sonst würde ja die Gaby nicht den ganzen Tag ein Weizen nach dem anderen zischen, ohne dass es die Petra vorher kontrolliert hat auf Bakterien, die man mit einem so kleinen Mikroskop auch gleich erkennt und b) erschließt sich natürlich auch sofort, dass man bei Bischofhof die wechselseitige Bedingtheit von Effizienz und Vertrauen klar erkannt hat, denn wenn man seinen Produkten und der Expertise der erfahrenen Trinkerin Gaby vertraut, muss man die Petra ja wirklich nur dann einschreiten lassen, wenn der Gaby mal ein Hautgout unterkommen sollte (und eine zweite Fachkraft vom Schlage Petras spart man sich da locker und zu Recht ein).

Jetzt ist es natürlich so, dass sich einem da schon nach kurzem Nachdenken die Frage der Gerechtigkeit aufdrängt. Weil: Aus Sicht des Bierfreundes hat die Gaby naturgemäß um mehr als Leberlänge den besseren Job! Und das hat der Fotograf der Werbeagentur jetzt auch garnicht weganimieren oder -retuschieren können: Die Gaby schaut einfach total entspannt, lebensbejahender und deutlich frischer aus dem Bild als die Petra in ihrer (fototechnisch begründeten) Unterbelichtetheit. Was selbtredend auch daran liegen kann, dass der Fotograf der Werbeagentur so ein typischer oberpfälzer Subversiver war, der zwar nie was sagt, aber ständig, während er scheinbar zur Zufriedenheit aller funktioniert, so zersetzende Gedanken in die Welt setzt, wo du nicht weißt, ob er’s auch wirklich so gemeint hat, weil: Gesagt hat er ja nix. (Sodass man nie weiß: Sind die intelligent oder ist es ihnen einfach nur passiert?)

Wie dem auch sei: Die Brauerei „Bischofshof“ hat da ein wirklich erfreuliches, weil hoch komplexes Stück Werbung in die (regionale) Welt gesetzt, da könnten die „Großen“ was von lernen (Lernfähigkeit vorausgesetzt). Und man könnte fast vermuten, dass die Macher den wunderschönen Slogan von Rainer Baginski (liebe Grüße nach Oben: Du warst ein selten intelligenter und bemerkenswert angenehmer Zeitgenosse) „Wir trinken soviel wir können, den Rest verkaufen wir!“ irgendwo im Hinterstübchen hatten und in dieser gloablisierten Kloake auf eigenwillige, lokale, oberpfälzerische Art zu interpretieren versucht haben. (Mon Dieu! Was sind wir doch für unverbesserliche Menschenfreunde…)

 

Ein Gedanke zu „Wir trinken soviel wir können…

  1. Also wenn die Dich nach dieser Bouillabaisse von Interpretation banaler Zeichen aus denen man Werbesuppe quasi instinktisch zusammenrührt nicht als Berater anbetteln, weiss ich auch nich‘. Aber ich weiss ja auch nich‘ warum Pauli verloren hat. obwohl wir eine Gaby als Trainer(in) haben.
    R.

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