Mutti reloaded.

Irgendwie kommt es mir vor, als hätte ich bereits vor Jahren einen Artikel unter diesem Titel geschrieben. Woher kommt das nur? Weil mich dieselbe, gähnende Langeweile überkommt wie ein Kotzanfall in Zeitlupe? Und das, obwohl Botox-Anne heute mal Will? Weil Mutti auf den Refrisch-Knopf drückt statt einem echten Reload platz zu machen? Weil die unsäglichen, mediocren Schranzen winselnd vor ihr auf die Knie gegangen sind und sie beschworen haben, das Vaterland zu retten?

Das Problem ist wohl, dass es leider schon lange nicht mehr um die „Unbeirrtheit“ oder „Standfestigkeit“ der bald „ewigen Kanzlerin“, mithin der würdigen Nachfolgerin von Helmut Kohl (sein Mädel) geht, sondern darum, dass sie mit ihrer erneuten Kandidatur jede Reform, ach was, jedwede Bewegung im bürgerlichen Lager unterminiert.

Das wird ihnen und allen anderen „etablierten“ Parteien ebenso wie uns freiheitsliebende Parteilose teuer zu stehen kommen. Wetten werden angenommen: SPD unter, AFD über 20%. CDU gerade mal soviel, dass so etwas wie ein Regierungsbildungsauftrag zustande kommt. Und dann? Noch ein Vertrag mit der zwischenzeitlich zur Voll-Diktatur verkommenen Türkei als Koalitions-geschachere? Ein Arrangement mit LePen-Frankreich und dem bis dahin auch geografisch rechten Rand Europas (Polen, Tschechien, Bulgarien, Ungarn-Österreich etc.) um Europa zu retten?

Der entscheidende Unterschied heute liegt klar zutage: Stillstand war in der Ära Kohl (noch) kein gravierendes Manko. Für mich schon; für die Mehrheit aber nicht. Schon gar nicht nach der Geschichtsklitterung zu und nach 1989. Heute aber ist es schlicht Kapitulation. Vor den „Gegebenheiten“, denen Mutti sich „zu gegebener Zeit“ annehmen will – ungefähr so flott, wie sie eine Lösung für die seit vorgestern Gekündigten bei VW „erarbeiten“ will. Nämlich dann Pflaster auf die Wunden zu legen, wenn die schon lange ihre Kündigung bekommen haben und die Miete nicht mehr zahlen können. Also vielleicht sogar Verrat. Das – und vieles andere was bis dahin noch kommen wird – werden sie ihr nicht verzeihen.

Und noch etwas systemimmanent gefährliches beeinhaltet des Merkels scheinbare Aufopferung: das Vakuum, dass sie hinter sich herzieht. Mittelbar die Unmöglichkeit für jüngere, motivierte, anders gebildete und sozialisierte Führungs-Aspiranten, sich noch weitere 5 Jahre mit den Apparatchicks (sic!) herumzuschlagen, bevor sie zum Zuge kommen … könnten. Wenn sie sich bis dahin die schrumpfende Liste hochgedient haben. Ehrlich, die gehen doch lieber in die Wirtschaft – und sei es als zukünftiges Digital-Präkariat. Und dass der fette Siggi jetzt bald alle aus dem Weg geräumt hat, die ihm irgendwie gefährlich werden könnten, bei seiner krachenden Niederlage, macht die Sache nicht besser.

Keine Alternative zulassen. Niemanden hochkommen lassen. Die Finger von allem lassen, was grundlegende Veränderung bedeuten würde. Grenz-Populismus lieber als Teil des eigenen Programms präsentieren. Die „Heute Show“ fasst es begrifflich zusammen: wahlternativlos. Also mal laufen lassen und empört zugucken, ob es gutgeht? Kann nicht gutgehen. Denn wie meine Zweitlieblingsbloggerin (e13 bzw. ihre Quelle, die Kunstfigur Jonathan Pie / hier sein memorabler rant am morgen danach) es ausdrücken: „Beeing offended doesn’t work anymore“.

Da war doch was mit einer anderen Wiedergängerin in den USA, oder? Nix gelernt? Komme mir vor wie in The walking Dead. Aber ohne, dass wir Wummen hätten. Die AFD lacht sich ins Fäustchen. Denn Populismus ist nicht mit gespieltem Populismus zu resorbieren, Herr Seibert et al. Auch wenn das schon zwei mal funktioniert hat.

Mutti reloaded? The bin is just a click away. Reboot!

How to jeopardize.

ˈdʒɛpədʌɪz

Jeopardize (to). Was für ein schönes, böses Wort. Es bedeutet als Verb, jemanden oder sich selbst in eine Situation zu bringen, in der die Gefahr von Verlust, Verletzung oder Versagen besteht.

Wobei nicht ganz klar ist, ob das auch passiv aufgefasst werden kann. Denn „jeopardizing“ bezieht sich irgendwie immer gleichzeitig – wenn auch nicht zu gleichen Teilen – sowohl auf Opfer als auch auf Täter.

Was mich stracks in die Ukraine bringt, wo sowohl die lange, als auch die kurze Leine Putins „jeopardizing“ waren oder wurden; was abermals beweist, das sich jedwede Unterstützung bewaffneter, alkoholisierter Banden verbietet, weil sich diese Kräfte jenseits aller Moral, situativ verselbständigen und damit unkontrollierbar werden. Wie eingangs gesagt aktiv wie passiv.

Auf der billigen Route ein bisschen zu weit Nord-Ost, dann ein kleiner Schwenk nach Süden und schon kommst Du für den Waffennarr aus Kiev. Towaritsch, rülps, wir haben doch jetzt diesen Hulk … Da spielt es dann wohl keine Rolle mehr, dass so ein Flugzeug alle 15 Sekunden funkt, dass es ein ziviler Passagiertransporter ist.

Ich weiß ja auch nicht, was da genau passiert ist; und je mehr wir darüber lesen oder gucken werden, desto weniger werden wir unterscheiden oder beurteilen können. Aber ich bin pietätlos bereit, darauf zu wetten, dass es schrecklich banal war.

Das macht es im Wesentlichen schlimmer und sollte endlich dazu führen, dass die Wenigen, die das Pech haben, von Berufs wegen mit derlei Vorkomnissen zu tun zu haben, ihre Informationen für ein sofortiges Moratorium einsetzen.

Es dürfen einfach keine Waffensysteme mehr in die Hände von Anfängern, Verbrechern und Irren geraten. Abschaffen können wir sie wahrscheinlich nicht. Aber ihr Geld können sich zivilisierte Gemeinschaften auch mit etwas anderem verdienen.

Don’t jeopardize the opportunity.

Sonst ist es nur noch ein „fuckup“. Und das ist angesichts der Tragik und der Opfer zynisch und schlicht kulturell untragbar.