Ach Sommer! Ach Loch!

Das sogenannte Sommmerloch ist der beste Beweis für die Existenz einer kollektiven Konstruktion von Realität: Wir haben nun mal aus unserer Sommer-Perspektive des Planeten entschieden, dass derzeit nix Relevantes passiert. Unsere Medien bestärken uns in dieser kulutrell gewachsenen Illusion, schließlich will der Redaktör auch mal wie jeder andere Bürger zum Baggersee nach Hawai (Kann man später übrigens auch noch ganz klasse drüber schreiben, so nach dem Modell: „Ein perfektes Wochenende am Baggersee in Hawai“).

Ganz toll ist übrigens auch, dass man die Sommerloch-Philosophie medienmäßig ganz unabhängig von der Jahreszeit auf andere Zeiten und Themen übertragen kann. So ist Fukushima beispielsweise offenkundig in ein all-time-Sommerloch gefallen, und man muss selbst im Netz lange suchen, um Interessantes und Aktuelles zur desaströsen Lage zu finden. Als Beispiel: http://www.textinitiative-fukushima.de. Bei google endlos hinten, nach all den wenig aussagekräftigen Seiten von etablierten Medien…

Apropos google: Da sorgt sich doch die SZ darüber, dass google die Menschen so „profiled“, dass zwei unterschiedliche Exemplare der Gattung trotz gleichlautender Suchanfrage ein jeweils ganz anderes Angebot erhalten, was die Reihenfolge der vorgeschlagenen Sites betrifft. Glaub ich wohl, nur die fundamentale Selektion ist bei beiden (und allen) immer die gleiche: Zuerst kommen die Seiten derjenigen, die für google als Werbekunden und Zahler relevant sind und viel später alles andere. Mit anderen Worten: google „individualisiert“ mich im Hinblick auf meine Funktion als Konsument. Aus. Und das ist nicht nur legitim, sondern auch system-logisch: Warum glaubt irgend jemand, dass ein Profit-Unternehmen dazu da sein oder ein Interesse daran haben sollte, mich als Bürger, eigensinniges Individuum oder in sonst einer aus ökonomischer Sicht eher problematischen oder unattraktiven Rolle zu unterstützen? Sowas können doch eigentlich nur Leute glauben, die einen 70 Kilo schweren Berner Sennerhund halten und den vegan füttern! Oder Journalisten, die sich in Hawai am Baggersee gratis durchfressen, weil sie das Hotel hinterher in ihrem siebzehnten „Ein perfektes Wochenende in…“-Band erwähnen? Oder sind das eh immer die selben? Und gehen die dann eh bald alle mit der gläsernen Münchener Isar-Philharmonie unter, wenn, während der geklonte Karajan Beethovens fünfte (Schicksalssynphonie!) dirigiert, die Prater-Schleuse geöffnet wird und ein unglaubliches Sommergewitter die ganze Stadt reinigend flutet, mitsamt ihren Chardonnayflaschen und Schubecks-Gewürzmischungs-verseuchten Canapees und ersaufen? Und kann man dann die Liste der Abgänge am nächsten Tag gleich googeln oder muss man dann erst lang suchen, weil’s nix zoilt ham dafür?

Four Lions! More Lions!!!

Was auch immer der Grund dafür sein mag, dass der britische Humor so einzigartig ist; er benötigt jedenfalls für seine anarchisch-brachiale Art, Aufklärung zu betreiben, als Gegenüber und Treibstoff  möglichst verfestigte, verknorzte Strukturen des Denkens und Verhaltens – und findet daher eben auf der Insel sein ideales Biotop.

Bei uns würde der britische Humor sich aus den genannten Gründen wahrscheinlich am ehesten tief in Bayern niederlassen. Womit wir auch schon bei der CSU wären und ihrem MdB Stephan Mayer, der im Vorfeld (bei welcher Gelegenheit hat der eigentlich, wenn überhaut, Ewigkeiten vor der Deutschlandpremiere den Film gesehen?) sich bei SPIEGEL-TV zu „Four Lions“ derart geäußert hat, dass man bedenken müsse, ob der Film nicht „Öl ins Feuer gieße“, was dann so interpretiert wurde, als wolle er den Fim verbieten lassen, faktisch aber als Werbeaktion wirkte (danke!) und man kann sich selbstredend fagen: Wer steht hier eigentlich auf wessen Payroll? Davon abgesehen wäre es natürlich interessant zu erfahren, was inhaltlich eigentlich gemeint war: WESSEN Öl in WELCHES Feuer?

Denn, um mal eines der Prinzipien von Jean Brasse zu verraten: Es kann manchmal ungeheuer produktiv sein, von der Annahme auszugehen, dass Leute, die was gesagt haben (wie in diesem Falle der MdB Mayer von der CSU), nicht 100% so doof sind, wie man geneigt ist, unmittelbar nach der Rezeption ihrer Äußerungen anzunehmen. In diesem Falle könnte das etwa zu der Schlussfolgerung führen, dass der Abgeordnete Mayer „intuitiv“ erfasst hat, dass der – um es frank und fei zu sagen– geniale Film „Four Lions“ nicht nur einfach „Muslime“, „Islamisten“ oder wie immer man die entsprechende Klasse von menschlichen Individuen sprachlich klassifizieren mag, der Lächerlichkeit und dem entsetzten Erkennen ihrer Monströsität preisgibt, sondern anhand des Modells „(Möchtegern-)Islamisten“ beispielhaft vorführt, dass „Gläubige“ jeglicher Provenienz unter hochfrequentigem Hirnversagen leiden und buchstäblich und mit der absurdesten Konsequenz fähig sind, Unheil über sich und andere zu bringen. Und jetzt könnte es ja sein, dass nach Rezeption des Films jemand mit dieser Erkenntnis ausgestattet nach Bayern oder überhaupt in die Welt hineinblickt – und wer weiß, was das wieder für Folgen hat.

Die unabweisbare Wahrheit, dass „Glauben“ und „Vertrauen in eine höhere Instanz“ Folgen zeitigen, die für die unschuldig Betroffenen absolut tödlich sind, wird ja im Film wiederholt auch anhand des Verhaltens der Polizei vorgeführt. Das fantastische Drehbuch hätte, und darüber kann man beim Anschauen des Films eigentlich zu keinem Zeitpunt zweifeln, genauso auch mit fundamentalistisch-republikanischen Abtreibungsgegnern in den U.S.A. oder jedem anderen Deppenverein all around the globe funktioniert.

Das eigentliche Wunder an diesem Film ist allerdings – bei allen schreiend komischen Gags – die Feinheit der Abstufungen, die er sich leistet, wenn es darum geht vorzuführen, wie viele unterschiedliche Varianten zum Thema „Glauben“, „Überzeugungen“, „Autoritäten“ einerseits und Handeln sowie Emotionen andereseits es gibt. Geradezu von shakespearschem Rang ist die Szene, in der Omar, im doppelten Sinne „Kopf“ der Attentäter, letztlich erfolgreich versucht, seinen debilen Genossen durch die Umkehrung der Metaphorik von „Herz“ und „Verstand“ ins (Selbstmord)Attentat zu treiben. Was am Ende bleibt, ist ein Wahnsinn, der eben nicht, wie in den unseligen Hollywood-Serienmörder-Filmen, ein beruhigender, weil exzeptionell-pathologischer, abwehrbar fremder Wahsinn ist, sondern die Gleichsetzung vom Menschlichkeit und Wahnsinn. Fantastisch hierzu die Rolle von Omars Frau, als selbstbewusste, „emanzipierte“ Muslimin, die gleichwohl ihren Mann als „Helden“ (also: tot) verehren möchte. Auf derartige Feinheiten einzugehen, würde Seiten füllen.

Fazit: Dem Film geht jegliches Phänomen, das nur im entferntesten als Denkverbot fungieren könnte, am Arsch vorbei – was naturgemäß dazu führt, dass man von denen, denen die Denkverbote ein Anliegen sind, nicht gerade Freundschaftsangebote erhält – und Chris Morris als Brite zieht das eben in einer Konsequenz und Gelassenheit durch, wie weiland wohl nur noch General Schwarzkopf seine Schuhverkäufe an die eigene Armee. Genau deshalb kann er, Morris, islamistische Attentäter als zutieftst menschlich darstellen und das heißt, als Wesen, die schon zerrissen sind, bevor die Sprengladung an ihrem Körper explodiert. Menschliche Wesen sind eben zu allem fähig– im Guten wie im Bösen. Menschen sind zu jedem Opfer (im doppelten Sinne des Wortes) bereit, wenn sie nur was glauben – und weiß Gott: Offenbar will der Mensch glauben (und sei es auch nur, dass er glauben will, er wisse, was im Kopf eines Islamisten vorgeht). Und da sie alle irgendwas glauben, die Menschen, sind sie extrem gefährlich – und extrem lachhaft.

Viele Kinogänger werden bei „Four Lions“ einfach nur ihren Spaß haben, manche werden noch viel mehr davon haben. Für mich jetzt schon Rubrik „Kult“.

Wir trinken soviel wir können…

Werbung kann manchmal doch noch Spaß machen: Beispielsweise der Spot des Familienministeriums (?), der mit dem kleinen Darth Vader für’s Kinderkriegen wirbt, wo man immer denkt: Ach, Kinder sind doch vielleicht auch außerhalb der Weihnachtsfeiertage was Schönes, in ihrer Fähigkeit, sich sogar ohne Alkohol in der wahren Realität einzurichten, und man würde womöglich erwägen, einen beschissenen Mittelklassewagen anzuschaffen, wenn man ihnen damit eine Freude machen kann.

Leider sind die großen, landes-, kontinent und weltweit verbreiteten Kampagnen selten so gut, während die Juwelen in den Provinzen von den lokalen Agenturen in aller Begrenztheit verbreitet werden und dem Gros des Publikums vorenthalten werden. So wirbt etwa derzeit die Regensburger Brauerei Bischofshof – Claim: „Das Bier, das uns zu Freunden macht“, was angesichts der Mentalität der Oberpfälzer schon die Frage aufwirft, ob in dem Bier wirklich nur legale Substanzen sind  – mit der Kampagne „Wir sind Bischofshof!“; und bringt authentische Typen aus der eigenen Brauerei und dem Gaststättengewerbe, wo man jetzt einmal sieht, dass eine Brauerei quasi einfach jeden Assoziierten für ein Werbeplakat ablichten kann, und man fasst gleich Vertrauen, während beispielsweise die Banken unter Zigtausenden von Mitarbeitern immer lange suchen müssen, bis sie einen finden, bei dessen Anblick man nicht gleich wohinfasst, um sicherzustellen, ob die Brieftasche noch da ist. So unterschiedlich sind die Gewerbe eben.

Das Lieblingsmotiv von Bischofshof sind Gaby (original mit „y“; re.) und Petra (li.), die auf dem Plakat an so einer brauereiinternen Schank stehen, mit einer Reihe von Flaschen vor sich und vor allem mit fünf frisch eingeschänkten Weißbieren („Weizen“, wie der Oberpfälzer sagt, weil: „Weißbier“ klingt oberbayerisch, also latent münchnerisch, und da hat der Oberpfälzer einen berechtigten, leitkulturell bedingten idiosynkratischen Impuls), mit fünf frisch eingeschänkten Weizen also, von denen die Gaby (re.) schon eins in der Hand hält. Und die Gaby (original mit „y“), schaut halt auch schon a bisserl so, dass man glaubt, was das Plakat dem Konsumenten da versichert, nämlich: „Beste Biere durch Verkostung und Kontrolle“ und der Petra glaubt man es eh, weil die ist auf dem Plakat im Hintergrund und etwas unterbelichtet, sodass man denkt, dass das auch seinen guten Grund hat. Jetzt ist das natürlich, wenn man sich mal in die Hirnwindungen zum Beispiel von einem Menschenfreund oder auch nur einem Gewerkschaftsmenschen hineinversetzt, ein bisserl eine merkwürdige Reihenfolge: Erst „Verkostung“, dann „Kontrolle“!-?-! Da könnte man schon kurz ins Grübeln hinüberdriften, mit Assoziationen an rotäugige Kaninchen und Mäuse, wo doch die Gaby und die Petra auch so weiß sind in ihren Kitteln. Aber nix da, die beiden Damen sind offenkundig durchaus fidel (die Gaby mit dem Weizen allerdings deutlich munterer als die Petra) und bei genauerer Betrachtung des Bildes sieht man ja jetzt auch, dass die Reihenfolge total der Bildkomposition entspricht: Vorne (re.) steht die Gaby mit ihrem „y“ und ihrem wirklich sehr leckerfrisch eingeschänkten Weizen und die Petra steht im Hintergrund (daher die Unterbelichtung) und hat, ja schau hin, ein Mikroskop vor sich. Und da sieht man natürlich sofort, wenn man Augen hat zu sehen, dass bei der Brauerei Bischofshof a) managementmäßig genauso wie belegschaftsmäßig einfach ein Grundvertrauen herrscht in die Qualität der eigenen Produkte, weil: sonst würde ja die Gaby nicht den ganzen Tag ein Weizen nach dem anderen zischen, ohne dass es die Petra vorher kontrolliert hat auf Bakterien, die man mit einem so kleinen Mikroskop auch gleich erkennt und b) erschließt sich natürlich auch sofort, dass man bei Bischofhof die wechselseitige Bedingtheit von Effizienz und Vertrauen klar erkannt hat, denn wenn man seinen Produkten und der Expertise der erfahrenen Trinkerin Gaby vertraut, muss man die Petra ja wirklich nur dann einschreiten lassen, wenn der Gaby mal ein Hautgout unterkommen sollte (und eine zweite Fachkraft vom Schlage Petras spart man sich da locker und zu Recht ein).

Jetzt ist es natürlich so, dass sich einem da schon nach kurzem Nachdenken die Frage der Gerechtigkeit aufdrängt. Weil: Aus Sicht des Bierfreundes hat die Gaby naturgemäß um mehr als Leberlänge den besseren Job! Und das hat der Fotograf der Werbeagentur jetzt auch garnicht weganimieren oder -retuschieren können: Die Gaby schaut einfach total entspannt, lebensbejahender und deutlich frischer aus dem Bild als die Petra in ihrer (fototechnisch begründeten) Unterbelichtetheit. Was selbtredend auch daran liegen kann, dass der Fotograf der Werbeagentur so ein typischer oberpfälzer Subversiver war, der zwar nie was sagt, aber ständig, während er scheinbar zur Zufriedenheit aller funktioniert, so zersetzende Gedanken in die Welt setzt, wo du nicht weißt, ob er’s auch wirklich so gemeint hat, weil: Gesagt hat er ja nix. (Sodass man nie weiß: Sind die intelligent oder ist es ihnen einfach nur passiert?)

Wie dem auch sei: Die Brauerei „Bischofshof“ hat da ein wirklich erfreuliches, weil hoch komplexes Stück Werbung in die (regionale) Welt gesetzt, da könnten die „Großen“ was von lernen (Lernfähigkeit vorausgesetzt). Und man könnte fast vermuten, dass die Macher den wunderschönen Slogan von Rainer Baginski (liebe Grüße nach Oben: Du warst ein selten intelligenter und bemerkenswert angenehmer Zeitgenosse) „Wir trinken soviel wir können, den Rest verkaufen wir!“ irgendwo im Hinterstübchen hatten und in dieser gloablisierten Kloake auf eigenwillige, lokale, oberpfälzerische Art zu interpretieren versucht haben. (Mon Dieu! Was sind wir doch für unverbesserliche Menschenfreunde…)

 

Dynamit in Kinderhand!

Als erste Reaktion auf den Architekten-Lokations-Beitrag gab es einen nächtlichen Anruf einer aufmerksamen Leserin, die folgende, wunderbare Geschichte zum Thema beisteuerte, die hier sogleich wiedergegeben werden muss:

Münchener Straßenbahn. Im Doppelsitz gegenüber eine flotte Oma, neben ihr am Fenster ein hübscher, etwa siebenjähriger Junge, der hoch konzentriert aus dem Fenster schaut und mit ausgetrecktem Zeigenfinger im Vorbeifahren fiebrig auf jedes der vorbeifliegenden Gebäude tippt. Bei ungefähr jedem vierten Gebäude in der Münchener Innenstadt macht er ein aufsehenerregendes Geräusch, so nach dem Modell „Bchrrrrrrrr!“ und „Bfrrrfff!!!“.

Was er denn da mache, fragt die Erählerin die attraktive Oma. Nun ja, sagt die Dame, sie sei mit dem Enkel ein wenig durch die Fußgängerzone spaziert, er habe nach den Gebäuden gefragt, nach ihrer Geschichte, sie hätten sich über die Unterschiede unterhalten und die Anmutung, sie habe ihm ein wenig erzählt von der Zerstörung, vom Wiederaufbau, von dem was sie für gelungen halte und was nicht. Er habe ihr erzählt, was ihm gefalle und was nicht. Wie das halt so geht. (Oder leider viel zu selten geht: Angehörige unterschiedlicher Generationen tauschen sich ernsthaft und interessiert über fundamentale ästhetische Fragen aus!) Irgendwann, gesteht die Dame, habe sie sich wohl zu einer Bemerkung derart hinreißen lassen, sie finde, das gerade besprochene Gebäude gehöre gesprengt und anders, besser, wieder aufgebaut.

Der Junge hatte nun, offenkundig begeistert von dieser Idee, auf der Trambahnfahrt durch das so vielgerühmte München, ein Spiel daraus gemacht, das er mit großem Ernst und kindlicher Würde betrieb. Er betrachte im Vorbeifahren die Stadt mit der Brille des neu erworbenen ästhetischen Modells, identifizierte und eliminierte alles, was aus dieser, seiner neuen Sicht da nicht hingehörte.

Die Erzählerin berichtet, dass sie sich daraufhin insgeheim, ohne die Konzentration des Kleinen zu stören, an dem Spiel beteiligte. Und fand sich überrascht über die ausnahmslose Übereinstimmung. „Du glaubst es nicht: Diese Kind… Jeder Schuss ein Treffer!“

Also: Noch mehr Dynamit!!!

Dem Kommentar von R. entnehme ich die Tendenz, die Idee des Verantwortlich-Machens (oder neudeutsch: des Motivierens zur Wahrnehmung von Verantwortung) durch dauerhafte Lokation im Verantwortungsbereich, im Sinne eines Gedankenspiels auf alle möglichen Bereiche zu übertragen. Was die dort vorgebrachten Beispiele zu Bibliothekaren, Germanisten und Apothekerinnen anbelangt, so erhellen sie sich mir noch nicht ganz und ich warte gespannt auf weitere Ausführungen.

Ein Beispiel, was sich mir schon seit langem aufdrängt, sind die Architekten. Ich halte die Auswirkungen ihres Tuns durchaus vergleichbar mit denen der Aktivitäten von Kernkraftwerksbetreibern und -erbauern, wenn auch die Wirkung ihrer Fehlschläge sich in der Regel der unmittelbaren und medial verwertbaren Beobachtung entziehen, also scheinbar „subtiler“ sind. (Das Sich-Berufen auf die „Subtilität eines Phänomens ist ja in den meisten Fällen nichts anderes als das Eingeständnis vorausgehenden, fundamentalen Mangels an Beobachtungsvermögen und analytischem Verstand – hättst hoit higschaut und a weng denkt, hättstes glei kapiert, Depp!).  Der zuweilen hinreißend kluge H.M. Enzensberger hat bereits vor ewigen Zeiten die Architektur als eine „terroristische Kunst“ identifiziert und Zille hatte mit seinem berühmten Zitat sicher auch nicht nur die Vermieter im Visier. Und wenn wir schon bei den Danksagungen sind, soll auch der jüngste Roman von Houllebecq mit seinen wunderbaren Invektiven gegen den Fundamentalisten Le Corbusier, diese Neutronenbombe in Architektengestalt, nicht ungelobt bleiben. (Also wenn man mal die Selbstmorde zusammenzählt, die auf’s Konto dieser steinmetzgernden Menschheitsbeglückungs-Apostel gehen, da muss sich ein Bin Laden noch ganz schön ranhalten, bis er mit den Jungs in der Hölle ein Zimmer teilen darf.) Et voilà: AKW – Architekt – Neutronenbombe: Wenn das keinen schön geschwungenen Grundriss für einen JeanBrasse-Artikel abgibt?

Also, um auf den Vorschlag von R. ernsthaft einzugehen: Architekten, welche größere Konglomerate verantworten, müssen mindestens 5 Jahre dortselbst mit ihren (etwaig vorhandenen) Familien wohnen: Die entsprechende Parzelle wird ihnen zugelost! Selbstredend drakonische Strafen bei Verstoß gegen die Residenzpflicht (Hier kann jeder seiner Fantasie freien Lauf lassen!). Bei Strukturen wie Schulen, Krankenhäuser etc. ist Analoges zu finden. Etwa: Schulgebäude werden nur an Architekten ausgeschrieben, die selbst schulpflichtige Kinder haben, und logischerweise müssen die Sprösslinge dann ebendort zur Schule gehen. Sollten die Architekten, was naturgemäß nicht auszuschließen ist, ihren eigenen Nachwuchs hassen, ist das Risiko einschätzbar: Schlimmer als die aktuellen Baulichkeiten sind, kann’s auch nicht mehr werden. Für Gefängnisse oder Krankenhäuser gilt: Kleinste Delikte respektive Blessuren führen zur Zwangseinweisung in eines der aus der eigenen Feder stammenden Gebäude. Fußballstadion – Dauerkarte usf.

Einzige Ausnahme: Gebäude des Politikbetriebs. Das Bundeskanzleramt in Bonn soll genau so sein, wie weiland Helmut der Kohl es sich wünschte. Und wenn sich Angie jemals unwohl fühlen sollte, sollte sie bitte bitte nicht den Architekten dafür verantwortlich machen können.

Mehr Dynamit!!!

Im 19. Jahrhundert war die Firma Dupont einer DER Produzenten von Dynamit. Dynamit geht im Laufe des Produktionsprozesses gern mal hoch. (Ältere Semester wissen etwas mit der Assoziationskette Nitroclycerin – Yves Montand – Ölquelle anzufangen und brauchen nicht weiter instruiert zu werden, jüngere Semester sind… na eben jung). Für die Firma Dupont wuchs sich das Ende des 19. Jahrhunderts zum echten Problem aus: Es gab immer wieder fürchterliche Explosionen in den Werken, mit immensen ökonomischen Schäden und Verlusten an Menschen (in Kommuniquées formuliert man es immer andersherum, ich weiß). Die Unternehmensleitung kam aufgrund der Untersuchungsergebnisse der Unfälle zu der Erkenntnis, dass all diese Katastrophen durch Missachtungen der Sicherheitsvorschriften, also durch Schlamperei, verursacht worden waren. Und sie zog den bemerkenswerten Schluss, dass letztlich für diese Schlampereien und ihre üblen Folgen die Verantwortlichen verantwortlich waren – also die Leiter und Direktoren der Dynamitwerke. Und da die Sicherheitsvorschriften an und für sich äußerst präzise und umfassend waren, kam man zu dem (schlicht intelligenten) Schluss, dass man an einer ganz anderen Front eine elementare Randbedingung verändern müsse: Man zwang die Direktoren, sofern sie ihren Job behalten wollten, mitsamt ihren Familien auf den Werksgeländen wohnen zu müssen; also in unmittelbarer Nähe der potenziellen Gefahrenquelle.  Der Effekt ist in den Chroniken der Firma belegt: Seit Einführung dieser Maßnahme hat es keinen nennenswerten Unfall in den Dynamitwerken mehr gegeben.

Die Anwendungsmöglichkeiten dieses Prinzips heutzutage sind nahezu unbegrenzt. Man denke nur an Fukushima und all die Schlampereien im Vorfeld… Wie würden wohl unsere Energie-, Chemie- etc. -Manager + verantwortliche Politker auf dieses Prinzip reagieren? Was könnte man aus ihrem Verhalten für Folgerungen ziehen?

Mehr Hass!

„Mehr Hass bitte!“ pflegte der knorzige Trainer einer Kreisklassenfußballmanschaft im Münchener Um- und Vorland seine wenig begabten Abwehrspieler beim Training immer anzuspornen, wenn sie wieder mal zu zögerlich, ja nachgerade humanistisch ihrer Aufgabe in der dienstäglichen Simulation „lebensentscheidender Schlachten“ gegen fiktive Gegener, die von den eigenen Sportskameraden dargestellt wurden, nachkamen.

Heute war in der Zeitung zu lesen, dass eine Herr Haß, seines Zeichens höherer Beamter im Poliziedienst, zuständig – soweit ich es verstanden habe – für die Beobachtung und nachfolgende Ahndung von Gewalt im Zusammenhang von Demonstrationen, am Rande einer Neonazidemo, von einem Untergebenen mit Pfefferspray attackiert und ordentlich traktiert wurde, alldieweil, dieser (der untergebene Beamte) ihn a) für einen (so der Zeitungsbericht) „Autonomen“ gehalten und b) (fast überflüssig, zu erwähnen) nicht erkannt habe. Der kurze Bericht war flankiert von einem Foto, das den Akt des Pfefferbesprayens darstellte: Der untergebene Beamte steht dabei vorbildlich und recht dynamisch wirkend im Bogenstand, ganz ninja-mäßig und reckt die Faust mit dem Pfefferspray zielgenau in Richtung Kopf von Haß – wäre es eine Dienstpistole mit Kaliber 9mm gewesen, hätte er Haß original schön mitten zwischen die Augen getroffen. Offenkundig sind die Mitarbeiter des höheren Poilzeibeamten Haß in diesen Belangen hervorragend ausgebildet! Offenkundig ist Haß im Moment der Aufnahme vom fatalen Pfefferstrahl noch nicht hinreichend getroffen, ja sich des brutalen Angriffs noch nicht einmal ganz bewusst: noch schaut er neutral in die Gegend, des Angreifers offenbar nicht gewahr. Man hätte gern eine Vorher-Nachher-Bildstrecke gesehen, aber nun… Bemerkenswert an dem Foto ist allerdings, dass man das Gesicht von Haß, wie angedeutet, gut erkennen kann, während das Gesicht des untergebenen Polizeibeamten und Angreifers, dessen Funktion und Status an seiner grünen Dienstjacke mit der Aufschrift „POLIZEI“ unzweifelhaft festzustellen ist, von den Redakteuren der Zeitung (es handelt sich dabei um eine Reproduktion in der „Süddeutschen Zeitung“) derart verpixelt wurde, dass eine Identifizierung des betreffenden untergebenen Polizeibeamten für den Betrachter des Bildes bei bestem Willen unmöglich wird. Angesichts des Fotos und seiner abgebildeten Konstellation drängen sich dem Beobachter sogleich zwei Fragen auf:

1. Was hat die Redaktion in diesem Falle bewogen, das Opfer, nämlich Haß, in seiner Sorg- und Achtlosigkeit deutlich identifizierbar abzubilden, den Täter dagegen zu anonymisieren und zu schützen?

2. Hat Haß den Täter gesehen, bevor ihn der blendende Strahl traf? Kann er den offenkundig grundlos gewalttätigen Polizeibeamten, der ihm zumindest zeitweilig das Augenlicht nahm, identifizieren?

Wohl kaum! Haß wird ins Leere laufen! Und die Presse ist ihm keine Hilfe, verbirgt, wie so oft zuvor, das Antlitz polizeilicher Gewalt, und der höhere Polizeibeamte Haß wird der untergebenen polizeilichen Gewalt unterliegen. Oder verfügt die Polizei womöglich über andere Quellen, gar unverpixelte Fotos des Täters? Wird der untergebene Polizeibeamte etwa strafversetzt, sodass er in Zukunft nicht mehr Neonazis vor vermeintlichen Autonomen um die 50 mit grauem Bart schützen darf, sondern, sagen wir, in Asylbewohnerheimen mal so richtig mit Pfeffer für Ordnung sorgen muss? Wir wissen es nicht.Wir wissen nur, dass Haß offenkundig nicht der richtige Ratgeber für seine Untergebenen gewesen ist. Dass da im Zusammenhang mit Haß irgendwas schiefgelaufen ist.

Auf gewisse Weise hat sich hier Haß gegen sich selbst gewendet. Wenn das ein Schriftsteller so erfunden hätte, wäre das Feuilleton voller Häme über ihn hergefallen. Aber gottlob gibt es ja noch die Realität (will sagen: der Teufel steckt im Detail!!!)

Ach so: Wir müssen ja noch an die Einleitung anknüpfen. Also: Mehr Haß (!) bitte, mehr Spotlights auf die Absurditäten und Skurrilitäten, die die wahre Natur unserer Gesellschaft und aktuellen Kultur erhellen, mehr Wahrheit: witzig, traurig, verstörend.

Mehr EIER

Jetzt ist dann bald wieder Ostern. Man fühlt sich genötigt zu feiern. Die Leute wollen wieder Eier, aber nicht die richtigen. Die meisten hatten eh noch nie welche. „Ach nee“, sagt die Frau im Laden vor mir, „keine Bio-Eier, sie sind ja nur für den Kuchen!“ Oder für’s warme Nest. Was man färben kann, auf dessen Inhalt ist geschissen. Fuku-irgendwas wird bald ebenso vergessen sein wie Tscherno-irgendwas und die Sache mit den Eiern und dem Dioxin und der ganzen Kette, wie es da rein kam, ach GOTT, wie kompliziert das auch alles ist, und wie soll ich das alles noch schaffen bis zu meinem Frisörtermin?!!! Und Wowereit grinst in sich hinein und denkt, „Das ist auch gut so!“ Und Westerwelle denkt nicht, hat aber das Gefühl, es hätte besser laufen können. Und von und zu Guttenberg verflucht insgeheim seinen Ghostwriter (der unter uns gesagt, entweder eine ganz hohle Nuss oder ein ganz ausgeflippter Hegelianer sein muss). Angela Merkel findet die ganze Sache mit den Eiern, was sie persönlich betrifft, zu Recht irrelevant. Sigmar Gabriel würde sich gerne seiner Eier schämen, findet sie aber nicht. Für alle GRÜNEN gilt: Eier sind sexistische Objekte, die es zu ignorieren gilt, außer wenn sie Dioxin enthalten. Außerdem hindern einen Eier daran, die CDU des 21. Jahrhunderts zu werden, woran die GRÜNEN gerade arbeiten. Wie schön. Frohe Ostern. Auch ohne Eier!

Ikarus und die Sonnen.

Kann es sein, dass Jean Brasse nun auch in Oberbayern gelesen wird, beispielsweise auf der platten Wiese abseits von München, wohin man schwäbischerseits glaubte, die Redaktionen der „Süddeutschen Zeitung“ zwangsumsiedeln zu müssen? Zumindest scheint die heutige Reflexion der Frage, welches Licht der Fall Guttenberg auf die Medien selbst wirft (Artikel auf der Medien-Seite von Hans Leyendecker), geradezu der Versuch einer Reaktion auf die von Jean Brasse jüngst aufgeworfenen Fragen.

Wer’s lesen mag wird festellen, dass die SZ die Klassifikation der Printmedien, mit der wir uns aus guten Gründen schwer tun, für sich scheinbar gelöst hat: Da gibt es, wörtlich, die „seriösen“ Medien (explizit paradigmatisch vertreten durch – oh Wunder – die „Süddeutsche“ und… die FAZ!) und es gibt in Opposotion dazu „Bild“, womit klar ist, dass aus Perspektive der SZ „Bild“ a) zur Klasse der nicht-seriösen Medien zu zählen ist und b) synekdochisch (*) für diese gesamte Klasse stehen kann. Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang, dass sich die SZ/der Autor dabei nicht einen Piep Mühe gibt, ihre/seine – ja durchaus wertende – Klassifikation argumentativ zu begründen: Was als medial und überhaupt „seriös“ respektive „nicht-seriös“ gelten soll, wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Aus der Perspektive der SZ ist die Semantik von Seriosität also offenkundig nicht diskussionswürdig und -fähig (hat also den Charakter eines volxeignen Dogmas, vulgo Vorurteils): Mit anderen Worten: Die SZ macht eben auch nichts anderes als „Bild“, allerdings für eine andere Zielgruppe (und nimmt den Konkurrenten FAZ en passant gleich mit in Sippenhaft; super!). In grauer Vorzeit gab es ja mal den Spruch, der „Spiegel“ sei die „Bildzeitung für Intellektuelle“ – den Posten beansprucht jetzt also implizit die SZ. Ach ja: Der „Spiegel“ wird auch mehrmals erwähnt in dem Artikel, und, jetzt wird’s interessant, außerhalb der gegebenen Klassifikation, woraus wir also folgern müssen, dass aus Sicht der SZ der „Spiegel“ werder eines der „seriösen“ Medien ist, noch eindeutig den „nicht-seriösen“ zugeschlagen werden kann, also womöglich als einer angesehen wird, der gar nicht mitspielen darf, aber auch nicht ignoriert werden kann.

Auf die von ihm selbst aufgeworfene Frage nach der Rolle der Medien in dem ganzen Guttenberg-Drama, bleibt der Artikel übrigens jede ernst zu nehmende (= seriöse) Antwort schuldig. Wäre ja auch ein Wunder: „Selbstreflexion“ und „Selbstbespiegelung“ sind halt semantisch nicht dasselbe.

Worum geht es also wirklich? Nun, um genau das, was wir hier vor kurzem bereits diagnostiziert haben: Um die Etablierung einer ideologisch-moralischen Topographie der Medienlandschaft in den Köpfen der (eigenen) Leser; die Verortung der „guten, informierten, seriösen, kritischen, rationalen… Journalisten/Medien und ihrer Klientel“ vs. … (das kann ja jetzt jeder selber denken) – mit der interessanten Ausnahme derer im „Netz“, die – auffällig! – wieder nicht spezifiziert werden, weder auf Produzenten- noch auf Rezipientenseite (also: da will man es sich offenkundig nicht verscheißen!).

Was das ist? Ganz eindeutig als „Journalismus“ verbrämtes Marketing, ideologisches Grenzscharmützel, Gruppenidentitätsbeschwörungsritual auf dünnstem Eis [kann man schreiben: „auf dümmstem Eis“ -??!- nö].

Ach so: Wie kommen wir jetzt eigentlich zu dem „Ikarus“-Titel? Also: Irgend ein Autor/Medium hat die Tage diese Allegorie gezimmert: Guttenberg flog zu hoch, kam der Sonne der Medien-Popularität zu nah usf. Ach, der Vergleich ist schön, hat er doch das Potenzial, das Schicksal des Barons in archaisch-tragödische Sphären zu heben. Allerdings: mehrere Schönheitsfehler. Weil: Weder taugt der Baron, noch (und noch viel weniger) taugen die Medien zu solch einem Vergleich. Und selbst wenn sie taugten, müssten wir ja, nach allem bisher Gesagten, ein Universum wie in STAR WARS annehmen (man erinnert sich an den Heimatplaneten des jungen LUKE SKYWALKER): mit ZWEI Sonnen. In der Kosmologie der „Süddeutschen“ wäre dann Sonne Nr.1 BILD (von der ein Kollege jüngst sagte, sie habe sich so geriert, als hätte sie KT wahrhaftig selbst gezeugt), und diese Sonne wäre eben nicht gleichzeitig die strafende, die dem Frechling die falschen Flügel versengte, nein, dies wäre die Funktion und Rolle von Sonne Nr.2, der „seriösen“ – sprich „strafenden“ Sonne – die man sich aber nun wieder, wundersamer Weise, entsprechend der Kosmologie der „Süddeutschen“, als Doppelgestirn aus ländlich münchnerischen (SZ) und finanzmetropolitisch frankfurterischen (FAZ) Strahlkörpern vorzustellen hat.

Was lernen wir daraus? Dass die „seriösen“ Medien mit ihrem Selbstverständnis ungefähr da stehen, wo auch die (katholische) Kirche steht: Immer wenn Selbststilisierung und Selbstrechtfertigung derart verschwurbelte (Pseudo-)Theorien zu basteln anfangen, ist das ein deutliches Anzeichen für den Niedergang (ich empfehle hierzu ausdrücklich Michael Titzmanns wunderbares Buch über den Fall Galileo Galilei).

Insofern wir uns zur „Netzgemeinde“ zählen, verbitten wir uns in diesem Zusammhang jeden Versuch der Vereinnahmung durch die „Seriösen“: Mögen diese sich weiterhin für „Information“ zuständig fühlen – wir verstehen uns demgegenüber als Vertreter der Aufklärung.

(* „synekdochisch“: rhetorische Figur aus der Gruppe der Wortfiguren: Dabei wird ein Wort durch einen Begriff engerer oder weiterer Bedeutung, bzw. einen Ober- oder Unterbegriff ersetzt. Beispiel: „Unser täglich‘ Brot gib uns heute“. Brot = Bild / Nahrung = Presse, d. Sezz.)

Collateral damage(s)

KT ist also (vorerst!) weg.

Der Rücktritt ist eindeutig der Kollateralschaden eines Medienkrieges. Genauer: Einer Medienschlacht, die erstmals so groß (im Sinne von: unübersehbar) war, dass der Krieg dahinter nun auch beobachtbar bleiben wird. Dabei gehen die Fronten quer durch die Kanäle – also nicht etwa, wie man uns früher glauben machen wollte, zwischen „neuen“ und „alten“ Medien, sondern zwischen scheinbar affirmativ-konservativen Medien wie BILD (und volxnahen Derivaten im Digitalen) und scheinbar „kritischen“ (Kurzdefinition: „Wächtermedien“, die nicht in der Lage sind, klar zu definieren, was sie eigentlich genau und zu welchem Behufe „schützen und bewachen“) wie SZ, STERN und digitale Derivate. (Und da gäbe es noch viel mehr, was sich derzeit einer Klassifikation entzieht). Die „Kritischen“ haben für’s Erste dieses mediale Armdrücken gewonnen und kommentieren sich in der Folge mit Sicherheit nach dem Motto: „Vierte Gewalt“ funktioniert. Stopp. Demokratie gerettet. Stopp. Werte verteidigt. Stopp. Unglaublich supertolles Zusammenspiel von Presse und „Netzgemeinde“. STOPP.

Vor allem die „Süddeutsche Zeitung“ bastelt mit Verve an diesem neuen Mythos und definiert dabei en passant ihre Rolle in der neuen Medienlandschaft: Die intellektuelle, bewährte, seriöse, investigative, demokratiewahrende, etablierte Presse als edeler Ritter mit dem Knappen „Netzgemeinde“ (für Fußballer: SZ = Sahin, Netzgemeinde = Schmelzer). Gemeinsam hat man nicht nur BILD besiegt (und deren dumme Leser, die ja, wie uns die SZ erklärt, nicht wissen können, was ein „Plagiat“ ist und wozu eine „Fußnote“ dient), sondern auch noch so eine schöne asymetrische Mediensynergie konstruiert. Aber da werdet ihr euch wundern!

Kollateralschaden dabei heute, wie gesagt KT, um den es bei dieser Schlacht nur am Rande ging. Viel schlimmer collateral damage Nr. 2: Die Universitäten. Denn um KT zu killen, hat man medial doch tatsächlich so getan, als seien die „hintergangen worden“, druckt jeden intellektuell unterirdischen Kommentar von Professoren und Dekanen ab, und verschwendet keine aufklärerische Zeile an den desaströsen Zustand der Bologna-Uni-Realität.

Und während der ganzen Zeit wird penetrant über „Werte“ gelabert, das ist das Ekligste dabei. Dabei muss doch jedem, der in den letzten Monaten „Medien“ rezipiert hat, aufgefallen sein, wie da auf’s Deppertste Quotenschinderei betrieben wurde mit einer aus dem Nichts aufgeschäumten, irrsinnigen „Adels-Werte“-Diskussion (Medien sind Maschinen zur Konstruktion nicht vorhandener Fallhöhen!).

Misstraue jeder Gewalt: Auch und gerade der „Vierten“.