Weniger schön.

Bevor Sie das lesen, sollten Sie lesen, was gut war. Also den Beitrag zuvor. Und die Musik 2016 war wirklich gut.

Danach fällt Ihnen vielleicht auf, dass Mitmenschen mit keinem Wort erwähnt wurden. Das hat den Grund, dass Mitmenschen nicht dazu beigetragen haben, dieses verkommene Jahr zu einem guten Jahr zu machen. Zumindest waren sie kein entscheidender Faktor dafür. Eher dagegen. Und wir wollen hier nicht über die Mächtigen Potentaten auf dem Vormarsch sprechen, sondern eher über die vielen kleinen Diktatoren, die sich nicht scheuen, ihr pervertiertes Kommunikationsverhalten zum Maß der Dinge zu erheben. Wenn es etwas gibt, dass ich am vergangenen Jahr wirklich abstoßend finde, dann, dass es das Jahr war, in dem die Menschen angefangen haben, mit gesenktem Kopf durch die Gegend zu laufen. Und damit meine ich nicht nur die Facebook-Zombies, denen man auf der Straße aus dem Wege gehen muss, weil sie vertieft in ihre virtuelle Welt dem Menschen, der ihnen entgegenkommt keine Achtung mehr schenken (geschweige denn der Meinung sind, sie ihm zu Schulden), sondern die, die sich erdreisten, ihre abseitigen, meist angeschmiegten Meinungen nur noch im Netz divulgieren zu können, ohne in der realen Welt je dafür einstehen zu können. Traurige Gestalten umringen uns, die weder Willens noch in der Lage sind, ihre Ansichten zu formulieren, wenn jemand vor ihnen steht, der möglicherweise Widerworte von sich geben könnte. Was für erbärmliche Loser. Und dabei stets in Gefahr, ihre scheinheilige Anonymität in Mitläufertum und Eiferei (aus sicherer Entfernung versteht sich) zu diffundieren. Diese fatale Mischung aus Öffentlichkeit und Rückzug ist, vielleicht, die neue Basis für gedankenlose Radikalität. Und wie heißt es so schön bildhaft: eine Religion, die Dich in die Knie zwingt, ist eine schlechte Religion. Gilt auch für den gesenkten Kopf. Leider ist das Prinzip dahinter global anwendbar und (per interaktiver „Monstranz“) möglicherweise sogar zu steuern. Damit also ein Grund dafür, dass es ein schlechtes Jahr war.

Die anderen Gründe kennen Sie, geneigter Leser, selbst. Übergriffige Staatsoberhäupter mit nationalistischen Tendenzen. Brexit. Renzis Vorstoß (der Computer-Besserwisser schlägt allen Ernstes „Renaissance“ vor).  Volxxabstimmg (Jandl), Europa im Niedergang inkl. der Idée der gesamten Chose und jetzt auch noch Schengen. Sowie ein Rechtsruck allenthalben – fast schon egal ob per Post-Intervention inszeniert für die „nationale Sicherheit“ oder nicht.

Und wie der soeben verstorbene John Berger so treffend sagte: “It seems to me that we have to return, to recapitulate what globalisation meant, because it meant that capitalism, the world financial organisations, became speculative and ceased to be first and foremost productive, and politicians lost nearly all their power to take political decisions – I mean politicians in the traditional sense. Nations ceased to be what they were before.”

Wahr und schlimm genug. Eines aber noch: Wenn die Kunst es sich gefallen lässt, nach ökonomischen Maßstäben auch nur beurteilt zu werden, dann hat sie verloren. Und wir alle mit ihr.

Kampf den Verrätern der Menschlichkeit. Das wird mein Motto für 2017 sein. Tataa! Und der Systemgastronomie!! Tatataa! Ääh, Minions? Wannahavabanana?

I wanna have „La Habana“. Hasta la victoria siempre.

Was schön war.

Ein weiteres Jahr ist um. Zum Glück.

Was schön war:

Viele Reisen. Viele neue Eindrücke der Welt.

Viel neue Musik, neue Gerichte, neue Weine, neue Landschaften. Das Meer wieder gesehen, oft. Gut Golf gespielt. Gut gespeist.

Neue Bilder im Kopf. Neue Idéen. Neue Erkenntnisse. Ein paar Gedichte auswendig gelernt. Quellen gesichert. Autoren entdeckt.

Alte Idéen haben sich bewährt, trotz Stresstest und fundamentaler Veränderung im allgemeinen Umfeld. Das macht gute Idéen aus.

Und eine schwere Krankheit überlebt zu haben. Ohne Erkenntnis allerdings.

Insofern ein gutes Jahr.

Möge 2017 mindestens so gut werden. Denn was schlecht war folgt im nächsten Kapitel. Man soll in der Küche immer die Abfälle vom Essen trennen. Das Leben möchte pariert werden wie ein Hühnerbrustfilet.

Love and dedication is what we need.

Flockchen.

Österr. f. Geld. Penunzen. Kohle. Asche.

Darum dreht sich hier alles. Wer was will, kriegt es auch. Für „Jeld“. Die Unmittelbarkeit, mit der hier, im schönen Tirol, alles, gnadenlos zu Geld gemacht wird, lässt sämtliche „Hilfe- die-Alpen- werden- zum- Spielplatz!“-Appelle wie alttestamentarische Schriften erscheinen.

Kein Entkommen; kein Entrinnen. Jede Bewegung, jedes Bedürfniss hat seinen Preis und jedwede Anwandlung einen umsetzbaren Wert. Obendrein allerdings gibt es perfekt geschultes Personal und immer ein freundliches Wort für die dumme Kuh, die man von Mindestlöhnern melken lässt. Was das alles kostet passt … auf keine Kuhhaut. Und von denen gibt es hier viele.

Es hat heute Nacht Minusgrade. Endlich. Die letzten Teichreserven werden zu Kunstschnee gemacht. Nein (ich wurde heute berichtigt: es heißt „künstlich hergestellter Schnee“) „Kunstschnee“ gäbe es gar nicht. Aber laut ist es, das Granulat, wenn die Schwachmaten mit quergestellten Brettern die topographische Überforderung angehen. Das hört man bis in die Gondeln hinein. Und oben, auf dem „Gipchl“, da klunkern sie mit ihren Botten über den Holzfussboden, das einem das Hören vergeht, und das Geschirr schleddert und die Pizza wird per Lautsprecher ausgerufen und sie schreien sich alle an – denn sie hören ja nix mehr – vor lauter Mützen und Hauben und Helmen und Kopfhörern und brandgesteuerter Coolness.

Nachts dann, einsam auf der Terrasse, bleiben nur noch die Dieselmotoren und das Fauchen der Schneemaschinen. Aber da schlafen sie alle schon. Weil, hey, … morgen geht es ja weiter.

Und die Sterne dazu sind wahrscheinlich nur gutes Marketing.

When the shit hits the fan.

Unter zauberhaftem Sternenhimmel dallern schwere Diesel himmelwärts. Malmend schieben sie Kunstschnee durch den ehedem fruchtbaren Grund der ehemals Bauern; jetzt Hoteliers. Es zischt und faucht die Schneemaschinerie. Rares Wasser, versprüht mit Chemie auf verdichtete Böden. Romantik sieht nicht nur anders aus; sie fühlt sich auch anders an. Und was man hört, des Nachts, unter zauberhaftem Sternenhimmel, ist das hämmern der Geräte; das röhren, nicht der Hirsche, nein, der Raupen. Tagsüber dann fliegende Kanzeln an rotierenden Hightech-Latten, die verdrehte Hightech-Latten-Spacken jenseits der Gondeln retten. Servas Alpen.

Ich jedenfalls werde diesen Wahnsinn nicht mehr unterstützen. Nicht mal mehr mit einem Weissbier; bestellt bei serbokroatischen Saisonkräften die nicht anders können, als dem Tiroler Slang den letzten Anflug von Charme auch noch „auszum’treibn“.

Dankbar dennoch für die frische Luft, das umwerfende Licht und den geilen Ausblick, verbleibe ich, unbeeindruckter Küstenmensch, mit den besten Wünschen für ein möglichst mutiges Jahr.

Bilder unter Bilder.

Dancing.

Zum Tode von Muammad Ali gibt es – nebst der Trauer um den größten Boxer ALLEr Zeiten – folgende Schote: Als Kind versteht man ja nicht immer alles. Und der „Weisse Neger Wumbabaa“ ist möglicherweise ein Begriff (SZ). Aber was ich damals verstand ist mein Lebensmotto geworden. Ich habe verstanden “ Dance like a King, sting like a Bee!“ – daran wird sich nichts ändern.

Und „Rumble in the Jungle“ war mein erstes wahrgenommenes Sportevent. Nebst der 110-m-Hürden von Guy Drut in 13,1.

Weiss nicht mal, wann das war und will es nicht einmal wissen.

Denken ist wie Googeln, nur krasser.

Comer Bueno, pero …

Also es ist ja so, dass die allermeisten Lokale in Palma einfach fiese Touristen-Fallen sind. ABER: ein paar gibt es noch, die einer Erwähnung Wert sind. Darunter meine Stammkneipe, die es immer wieder schafft, mich mit den einfachsten Dingen zu verblüffen.

Zum Beispiel einer Mischung aus Kartoffelsalat und – Pürée, die ohne Mayonesa auskommt und die perfekte Balance zwischen Süden (Vinaigrette) und Norden (Schlonz) in einem winzigen Tellerchen zum Biere gereicht, letzteres zu einem Vergnügen macht.

Warum begreifen Deutsche Wirte einfach nicht, dass man(n) bei Laune gehalten werden will? Gruß ans Maybach in diesem Zusammenhang; nur scheinbar naheliegend, weil sie hier innert 3 Bieren begriffen haben, was und wie ich es will – was in meiner „Stammkneipe“ schlicht abhängig vom arbeitenden Personal ist.

Eins noch: ein junges Paar, dass nach netten Gesprächen mit mir auf die Dachterrasse kommen wollte, hat vor der Tür im Netz „gecheckt“, was das für eine „Gegend“ ist. Es sind genau 100 Meter vom „hübschen-schönen-alten“ Teil von Palma. Und was sie oben erwartet, ist schlicht großartig. Unten an der Tür sagt sie (den Kopf zum Handy gesenkt) zu ihm: „eher nicht.“ Das war’s.

Wer schonmal da war, weiss: selber Schuld. Und die werden uns mal regieren. Na servas, wie der Wiener sagt.

 

Der Prinz.

Ein Prinz ist eben kein König, und auch wenn „Prince“ es gerne werden wollte, gereicht es ihm zur Ehre, die Rolle des Emporkömmlings, des Herausforderers, des „contesters“ angenommen zu haben. Stilistisch ebenso wie in seiner (siehe Bowie) permanenten Umverwandlung. Immer auf der Suche nach dem perfekten Beat war er nicht nur einer der brillantesten Musiker des Pop, sondern auch ein widerborstiger Musikpolitiker, der als einer der ersten (ja, Bob Dylan, Johnny Cash, George Michael und andere auch) gegen die Knebelberträge der Studios opponiert und seine Musik im Internet vermarktet hat. Dabei hat er zeitweise auch sich selbst aus den Augen verloren und selbstverliebten Scheiss‘ gebaut.

Entscheidend bleibt für mich aber, dass er mich mehrfach in meinem Leben völlig hingerissen hat. Mit dem New Funk seiner frühen Alben, seinen androgynen Provokationen, 3 Tracks seines letzten Werkes (Check it out) und mit 3 persönlich erlebten Konzerten. Vor allem aber mit seiner legendären Aftershow-Party im Münchner „Parkcafé“ (Hansi & Inge!) – in der er nicht nur entspannt ein 2-Stunden-Set nach einem 3-Stunden-Konzert in der Olympiahalle („Sign o‘ the Times“, mit Sheila E an den drums) abgeliefert und uns dabei zu einer Vogelweides, kollektiven Tanzorgie motiviert hat, sondern mir von Rio Reiser auch noch mein Hut geklaut wurde. Tempi passati.

Transzendenter Soulfunk mit nihilistischen Tendenzen. Gibt es dafür eine Therapie? Wahrscheinlich nicht, wenn es einen mal gepackt hat. Aber wer will dazu schon ein Gegenmittel? Wir haben es heute leider bekommen.

Kiss!

best.

Also Erstens habe ich mir vorgenommen, diesen Blog etwas positiver zu gestalten; das heisst, nicht nur zu schreiben, wenn das Elend unerträglich wird. Zweitens brauche ich dafür eine Übersprungshandlung, und die lautet: Was, bidde, ist der beste Film aller Zeiten?

Damit meine ich nicht, was des geneigten Lesers liebster Streifen ist, sondern welcher möglicherweise ALLE Menschen dieses Planeten eint in der Meinung: das ist ein sehr guter Film.

Mein persönlicher Erfahrungshorizont ist dahingehend nicht ganz schlecht, weil etwa 5 große Kulturräume umfassend. Und ich tat mich dennoch schwer. Jetzt wüsste ich gerne, was Ihr so vorzuschlagen habt. Mein Kandidat ist inzwischen klar.

Love (& Films)

Lehren.

Interessant: die Griechen haben Skrupel, Flüchtlinge abzuschieben, weil sie die Türkei nicht als „sicheres Drittland“ betrachten. Muss wohl ein Kulturvolk sein. Werden aber von ihren EU-Gläubigern dazu gezwungen. So kann man ein Problem auch lösen. Mann schiebt es einfach zu denen, die einem was schulden; und dann schieben die es … ab. Aber hey, die neue Statistik sagt 720 gegen 120.000 im letzten Jahr. Das ist der AFDermath.

Nebst der Offenbarung völliger Empathielosigkeit (Flüchtlings-Realpolitik) und der weltumspannenden Beweise für endemische Unsolidarität unter Besser-verdienenden (Panamapapers) sowie totale Folgenlosigkeit der Bankenkrise (wetten statt finanzieren) gibt es parallel dazu:

  • 795 Millionen hungernde Menschen (Die im Moment noch nicht auf der Flucht sind)
  • Immer noch fast eine halbe Million Malaria-Tote (Da wo es niemanden interessiert)
  • 10,4% Arbeitslose in der Euro-Zone (Jeder 10-te in der EURO-Zone!)
  • 372 untergetauchte Nazis, die ihren Haftbefehl nicht „angetreten“ haben (Unbehelligt)

So langsam frage ich mich, ob wir noch irgendwelche Werte ausser den ökonomischen haben. Soll denn alles umsonst gewesen sein? Die alten Griechen? Die Aufklärung? Der Rationalismus? Die Dustbowl? Die Weltkriege? Der Kommunismus? Die Bankenkrise? Die Lehren aus den asymetrischen Konflikten?

Glaube nicht (;-)