It must schwing.

Ach Leute.

Ich bin so froh, ich habe einen Film gesehen. Es ging um JAZZ.

Und dass mein Vater mich seinerzeit damit vertraut gemacht hat, mir dies GEFÜHL für den Swing vermittelt hat, und für das was daran gut und wer darin gut ist, (4/5) ist ein wahrhaft zeitloses Vermächtnis.

Der Film heisst „It must schwing“, ein laanger Dokumentarfilm über Alfred Lion und Francis Wolff, zwei Deutsche Juden, die sich vornehmlich als Berliner betrachteten, dann aber im Angesicht von Bücherverbrennungen und anderen Härten der Nazis dazu entschlossen, auszuwandern und sich auf die Suche nach der Quelle ihrer Passion zu machen – in New York City. Denn sie hatten im Berliner Admiralspalast Benny Golson und Sidney Bechet, wahrscheinlich auch Arthur Shaw gesehen. Und deren Alben wurden nach wie vor verkauft (merke: Jazz kann auch unter dem Radar) – also konnte es mit den Nazis ja nicht so schlimm sein. Dort angekommen, erst Alfred, der Macher (Produzententyp); später dann auch Francis, (der introvertierte Fotograf), erfuhren sie Rassendiskriminierung, wie sie sie nicht mal in Deutschland erlebt hatten. Bullen prügeln auf die Protagonisten der „filthy music“ ein und genehmigen sich danach ein Bier in den angesagten Clubs – wo Jazz läuft, während Billie Holiday mit dem Lastenaufzug zu ihrer Show muss. BLUE NOTE wurde gegründet und mit jedem Cent, den ein paar Platten oder Radio-Abspielungen brachten, wurde das nächste Recording finanziert. Sie haben sich ihr Leben lang um Musiker „gekümmert“. Erst Auftritte klarmachen, dann Sandwiches und Obdach besorgen für die hungernden Art Blakeys, Lou Donaldsons, Sonny Rollins, Bobby Timmons, Horace Silvers dieser Welt; dann feiern in Harlem und danach von den „niggers“ aufgemischt werden. Was erlauben weisser Mann?! Später, als dann auch größen wie Miles Davis und  John Coltrane im Programm waren, war es nicht mehr so schwer. Vorher jedoch, hätten sie ihre Seele (und ihr Auto) dafür verkauft, den jungen Bud Powell zu treffen. Oder später Wayne Shorter, Ron Carter, Quincy Jones, Herbie Hancock – alle im Film zu besichtigen. Und sämtlich voll des Lobes („I never got payed for rehearsals before, man!“). Es ist einfach schön, dabei zuzusehen und zu -hören.

Nicht zu vergessen Herrn Reed, der es doch tatsächlich geschafft hat, über 500 Cover so zu gestalten, dass man nach der Scheibe greift und weiss: das ist richtig. Mal ganz abgesehen davon, dass er der erste war, der die schwarzen Jungs tatsächlich auf dem Cover abgebildet hat. In dieser unnachahmlichen Nähe und Präsenz, die Francis Wolffs Fotos vermitteln.

Filme über Jazz sind immer schwierig. Also lasst uns feiern, dass es zwei weisse, deutsche Niggerseelen geschafft haben, aus ihrer Passion die geilste Musikfirma der Welt geschaffen zu haben: BLUE NOTE. Hier bekam jeder ein Bett, etwas zu essen und notfalls auch eine Flasche Schnaps. Oder werweisswas. Die besten Sessions liefen Nachts, nach den Konzerten in Harlem bei Rudy van Geldern hinter einem Trennvorhang. Because (wie Ron Carter im Film sagt): „Best things happen at night, man!“.

 

 

Oooh, Canada.

Cannabisda!

Seit heute ist der Handel und Konsum von Cannabis im Staate Canada erlaubt. Das ist ebenso löblich wie pragmatisch, denn nur die Legalisierung dieses „weichen“, vergleichsweise harmlosen und – wie in fast allen westlichen Gesellschaften – allseits benutzten Rauschmittels entzieht dem organisierten Verbrechen diese wichtige Geschäftsgrundlage und überführt sie in staatlich kontrollierte Privatwirtschaft mit den entsprechenden Infrastrukturen und Steuereinnahmen. Fragt sich nur, für was diese dann verwendet werden. Ein paar Leute im Finanzministerium sind wahrscheinlich schon „high“ davon – denn es ist die Rede von mehreren Milliarden CAN$.

Nun kann man sicher darüber streiten, ob die Einnahme von Drogen – und das ist Marijuana mit Bestimmtheit – förderlich ist für die Entwicklung von (jungen) Persönlichkeiten oder der Menschheit, aber die illegale Form des Handels und Konsums ist in jedem Falle zersetzend für die Gesellschaft. Tut mir dann auch Leid um die kleinen Dealer im Park und die Schischa-rauchenden AMG-Fahrer, aber ein gewisses Maß an staatlicher Kontrolle ist mir allemal lieber als die Kleinkriminalität auf der Gasse. Denn an der Nachfrage gibt es keine Zweifel.

Und was den Preis angeht – Kifferchen aufgepasst! – so wird er zweifelsohne konkurrenzfähig sein. Die New York Times schreibt: „Quebec shops plan to have many strains available at around $7 or less in Canadian dollars (about $5.40 in United States dollars) per gram to remain competitive with the black market.“ Das ist doch mal eine Ansage.

8 von 10 Kanadiern sagen übrigens, dass sie auch nach der Änderung der Gesetzeslage kein Interesse haben … am Konsum. 6 von 10 finden aber die „business opportunity“ interessant. Das sagt alles und würde dem illegalen Handel schnell jedweden Nährboden entziehen. (Nanos Survey). Dennoch wird der Staat schnell gierig und könnte sich damit selbst die Grundlage für seine „Regulierung“ des Marktes „strecken“. Beispiel aus den USA/Kalifornien, dem größten existierenden legalen Markt: „According to BDS Analytics, the effective sales tax on a gram of cannabis bought in San Jose works out to a hefty 38%. Add this to the higher cost of doing business in the state, and the sticker shock for consumers is real.“ (New York Times)

Angetörnt bin ich trotzdem davon, dass endlich „common sensimilla“ in die Debatte kommt. Und bedröhnt sind nur die, die weiter davon fabulieren, dass Kiffen als illegales Handeln zu betrachten und abzuurteilen der richtige Weg sei, einem „Problem“ Herr zu werden, dass seine Ursprünge in den Tiefen der Menschwerdung hat. Der Wunsch nach Rausch und Spiritualität oder auch nur nach Zerstreuung ist den Humanoiden anheim und wird es bleiben. Manche saufen halt lieber.

Wikipedia lehrt uns: „Neben der Alkoholsteuer (früher Branntwein-steuer): https://de.wikipedia.org/wiki/Branntweinsteuer gibt es auch noch die Schaumweinsteuer, die Biersteuer, die Zwischenerzeugnissteuer und die Alkopopsteuer. Erstere wurde 1902 zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsflotte eingeführt und hat bis heute Bestand.“ Es sind über € 2.000.000.000,-. Pro Jahr.

Genug der Fakten. Irgendwann kommen die Brösel dieser Rechtssprechung auch bei uns an. Und wir werden sie uns mit Freuden aufrollen. Aber vielleicht nicht mehr als Schmuggelware aus Afghanistan und Indien, sondern als Sativa von Dachgärten in Bottrop oder Gewächshäusern im Allgäu. Ich bin sicher, die Qualität wird hervorragend sein.

Weed in Germany und so …

 

Fussball ist blöd.

Keine Lust mehr. Denn wie auch immer die Gefühlslage zum Thema, die Sozialisation, die Interaktion und die Freude an der Zerstreuung durch die kollektive Begeisterung für diesen Sport ist, bleibt fest zu halten, dass es nur noch aus 30% desselben besteht. Der Rest ist Medien- und Kommentatorenzeit, Personenkult und Marketing; Merchandising und Sekundärvermarktung à la PS4 inklusive. Das letzte Interesse gilt den Wetten. Für Geld oder gegen den Intimfeind in der Stammkneipe. Auch wenn die Saison entschieden ist, das Transferfenster geschlossen oder der Lieblingsclub am Abkacken. Bleibt die Nationalmannschaft. Und die ist dann wie die CSU: hat schon verloren, will es aber nicht wahrhaben. Fussball macht einfach keinen Spass mehr.

Was, jedoch, wäre die Alternative? Denn Stumpfsinn und Selbstbetrug kann man auch in anderen, weltweit erfolgreichen Sportarten haben: Hotdog-fressen und Langeweile beim Baseball, Kriegsgeheul und Betrug beim American Football, Millionen-Poker und Beliebigkeit in der NBA, Magersucht und „windfall profits“ beim Skispringen, Doping und Nationalismus bei Olympia, krasses Doping beim Radfahren, Militarismus beim Schießen und, äh, Doping und Militarismus beim Biathlon. Skifahren? Zu viel Umweltzerstörung. Kitesurfen? Zu viel Material. Windsurfen? Noch mehr Material. Tischtennis? Zu schnell. Badminton? Noch schneller. Triathlon? Alles zuvor gesagte auf einmal. Curling? Zu langsam. Billards? Noch langsamer. Schach? Siehe R. Gernhardt: „Ich mach mir nichts aus Marschmusik, ich mach mir nichts aus Schach / Die Marschmusik macht mir zuviel, das Schach zu wenig Krach.“

Ich glaub‘ ich liebe jetzt Rugby. Fiese Kerle hauen sich auf die Omme und bringen den Ball kollektiv und gnadenlos in’s Ziel. Also nichts mit Jogififfi Löw, Olliprolli, Reusgeheul und Hummelsgebrummels. Und auch nichts mit Dummbatz-ZDF und Besserwisser-Sky. „Da Zone“, quasi.

Und selber spielen tue ich Golf. Das ist langsam, braucht viel Material und Platz, renaturiert ganze Landstriche, fordert Sorgfalt, Demut und Präzision und Doping nutzt nix, denn der Feind sitzt zwischen den Ohren. Ausserdem wird es irre gut bezahlt. Wenn man zu den 0,001% gehört. Wie beim Fussball auch. Nur schöner, weil kaum einer zuguckt.

La bohème …

… ne signifie plus rien.

Éh oui, cher Charles, comme tu chantais; le temp qui passe n’a pas arrangé les choses.

Car les hommes de talent, de stile et d’attitude nous manquent de plus en plus en ces temps barbares. Ceux qui sonts „dissociés du bruit“, les „amoureux de l’amour“, les „têtes d’affiche“, les „geules de bois des hasards“ et surtout les „musiciens comédiens magiciens“.

Tu nous as fait briller le soleil de nos envies secrètes à pleins feux. De pluie en bataille; nos amours on trouvés ta voix et tes mots pour nous émouvoir toujours à nouveau. Même, si ce n’etaient que des souvenirs.

Non, nous n’avons rien oublié.

Iden des Mais.

Auch wenn good old Karl M. nur noch ein abgefeiertes Gedanken-Konstrukt ist, das auf brillianter Analyse basiert, daraus aber falsche Schlussfolgerungen gezogen hat; bleibt am Vorabend des 1. Mai so etwas wie eine marxistische Restwürde fühlbar. Befeuert zum Beispiel dadurch, dass sich an der Enteignung des produzierenden Volkskörpers (vulgo: Proletariat) nichts geändert hat. Im Gegenteil: wir sind nunmehr bei der digitalen Enteignung 4.0 angelangt. Mit jeder Suchanfrage auf Google machen wir die Anteile der (anonymen) Shareholder wertvoller. Mit jeder Telekom-Aktie, mit jeder What’s App-Nachricht, mit jeder Booking.com oder AirBnB-Buchung. Oder mit Bitcoin-Mining und selbst mit sharing economy.

Sicher, WIR müssen für die Bereicherung der Anteilseigner vielleicht nicht mehr in Fabriken schwitzen – woanders in der Welt aber schon. Indische Kinder die Steine klopfen (ironischerweise für unsere Gräber) und Elektromüll-Trenner in den Giftschwaden von Lagos gibt es ebenso in Scharen wie Wanderarbeiter in China oder Philippinische Hausangestellte.

Insofern hat sich nicht viel geändert. Das Kapital bleibt bestimmend. Und es hat sich nicht gleicher verteilt seit Marx und seinen Apologeten die Gelegenheit gegeben wurde, es anders zu machen – mangels politischer Spielräume jenseits der Bourgeoisie. Im Bayerischen sagt man bis heute: „Wer zoit, schafft ‚o!“

Was mich immer noch so empfindlich stört, ist die öffentliche und publizistische Gleichstellung beinharter kommunistischer Diktatoren (Stalin, Mao Zedong, Ho Tschi Minh, Pol Pot etc.) mit den reflektierten und zukunftsweisenden Betrachtungen von Marx. Es ist zum Verzweifeln: die Ungleichheit hat sich weltweit verstärkt, ihre Wahrnehmung aber verflacht zusehends. Obwohl die Divergenz zwischen „Proletariat“ und „Bourgeoisie“ sich tagtäglich auf’s unerträglichste verschärft. Und wer sich mit seinen Schriften auch nur 10 Stunden beschäftigt, würde sie für schlüssig befinden.

So bleibt uns also in den Iden des Mais nurmehr lächerliche Linken-Folklore mit Steineschmeißen auf der Schanze zu bedauern. Ein klar umgrenzter Raum für ein wiederkehrendes Ritual, das dem revoltierenden Proletariat seine kleine Spielwiese lässt – bekämpft und beschützt mit Steuergeldern bzw. den von ihnen bezahlten Ordnungskräften. Und Mario Adorf, der eitle, senile Trottel darf ihn endlich spielen, als den Opa mit den lustigen Ideen.

Wer sich ein wenig in der Welt umgesehen hat; in Gegenden, in denen bittere Armut herrscht und die Ungleichheit jeden Tag fühl- und erlebbar ist, der weiss, dass es für diese Ideen einen riesigen Resonanzraum gibt; dass sie weder falsch noch übertrieben sind … und das sie dennoch daran scheitern werden, dass jeder Proletarier heimlich gerne selbst ein Bourgeois wäre.

Da liegt der Denkfehler von Marx – und er wird bestehen, bis wir daran zu Grunde gehen.

Dennoch und mit Restehre: Einen schönen Tanz in den Mai. Venceremos!

No dry season in Cambodia.

Noch geben sich die regenschwangeren Wolken nicht geschlagen. Von dry season keine Spur. Es ist schwül und der nasse Boden dampft noch vor sich hin. Gut für den Reis. Noch. Kommt es dann doch wieder zu einem müden Erguss, eine Art Sprühregen für Anfänger, disparat und unentschlossen, klebt die Welt so, dass man den Mund zumacht. Weiterlesen

Gedankenpolizei.

Bedrückend, nach 33 Jahren George Orwells/Michael Redford’s „1984“ wieder zu sehen.

Ich war damals, noch als Student der Kommunikationswissenschaften an der LMU in München, zur (Deutschen) Premiere geladen und bin abermals geschockt von der Macht, die Gewalt auf Gedanken auszuüben in der Lage ist. Mit dem wesentlichen Unterschied, dass wir derlei Willens-Kontrolle inzwischen völlig freiwillig und ohne jeden Widerstand über uns ergehen lassen. Jedes Handy kann uns orten – und wir verstecken uns nicht. Jeder Chat wird aufgezeichnet – und wir finden das normal. Jede Transaktion kann ausgewertet werden – und wir lassen es geschehen. Die vollständige Entgrenzung des Individuums zu politischen oder merkantilen Zwecken findet statt – ohne dass es irgendjemand aus der Herde der Schafe als Einschränkung persönlicher Freiheit wahrnehmen würde.

Wie viele Finger?   5

Bist Du ein Mensch?   Ja

 

G21-35.

Der 200-ste Beitrag.
Nun denn: Zum G20 nachträglich.
(korrigiert und überarbeitet – die erste version war doch gar zu krude, sorry)

Um den Titel zu erklären: es waren in Wirklichkeit 35 Länder mit ihren Delegationen zugegen. Darunter die gesamte Staatsspitze von dem Staat, in dem man nicht Kaugummi auf die Straße spucken darf, ohne festgenommen zu werden; von Ländern, in dem Frauen unterdrückt werden, von Nachbar-Nationen, die totalitäre Staatsstrukturen aufzubauen versuchen und solchen, die uns erpressen mit der Kasernierung von Flüchtlingen gegen Geld. Aber das nur nebenbei. Selbst Frauen- und Fremdenfeindliche sind dabei. Nebst aller neuen Potentaten in unserer Nachbarschaft -und zu Gast- gab es ja auch noch die Unentschlossenen, die Zaudernden, die Berechnenden. Nach längerer Zeit und den allfälligen Aufräumarbeiten bleibt … vor allem Ambivalenz.

Da ich Polizisten zu meinem Freundeskreis zählen darf, kann ich nicht umhin, deren Sicht auf „bodenloses Chaos“ (nämlich im öffentlichen Raum) und „grauenhafter, absoluter Priorität“ (nämlich des Schutzes der Gäste) zu unterschlagen. Aber auch wenn die Staatsmacht zurecht und adäquat gehandelt hätte, bleibt die Frage nach dem „Warum?“. Wieso also Menschen so hart vorgehen gegen Menschen, die sehr dumme Dinge tun, um die Herrschaft über die Bilder zu erlangen. Und wieso der eigentliche Grund für die Proteste so elend untergegangen ist. Weil so viele sich nicht wohlfühlen mit der Globalisierung des Kapitals. Und warum der Staat seine Gäste vor den Schutz der eigenen Bevölkerung bzw. ihres Hab&Guts stellt? Können die uns so sehr schaden, dass selbst unsere eigenen Bürger egal sind? Können also Trump, May, Urban, Erdogan und andere die Agenda bestimmen? Will sagen: dies war ein Krieg der Bilder. Und die Bilder-Verbreiter (längst nicht mehr nur die offiziellen Medien) haben ihn verloren. Denn „die Bilder“ haben sich selbst entlarvt. Sie haben -als heißlaufende Zeichenmaschine- gezeigt, dass sie nur interessiert sind an dem, was Aufregung verspricht, was Empörung verursacht und was leider Stammtischsprüche befeuert Ich habe mit eigenen Ohren aus intelligentem Munde gehört, dass „Vermummte in den Knast gehören“. Was bitte, bleibt den harten Oppositionellen in dieser kamera-überwachten Republik übrig, als sich unkenntlich zu machen? Die Vollidioten, die nur etwas zerstören wollen, weil ihr Hooliganism gerade Spielpause hat mal kurz außen vor. Spackos, die selbst durch „unsere“ Osterstrasse marschiert sind und dabei ein ganzes Arsenal an Waffen rechts haben liegen lassen, weil keiner ortskundig war – und die Nachbarn Stein und Bein schwören, sie hätten nur Italienisch, Spanisch und Russisch gehört? Gratuliere zur Bildung. Aber abgesehen davon: die Spuren der Verwüstung in nicht von der Ordnungsmacht besetzten Gebieten sind ein klarer Beweis für inhaltsleere Zerstörungswut. Und nochmal und trotzdem: Warum?

Niemand will es wissen. Insofern beiderseits die falsche Taktik UND Strategie. Und die 12 Millionen Zahlung der Versicherungen, die gerade die Runde machen sind ein mittlerer Lagerhausbrand. Das SEK vermeldet „keine Schwerverletzten“. Der Polizeiführer sagt, es sei „glimpflich abgelaufen“ – was ich ihm glaube – und die Betroffenen vor Ort reden von „ausser Kontrolle geratenen Gästen“. Na Servus. Jetzt kommen sie mir alle mit „in München wäre das nicht passiert“. Dabei hatten die Ellmau und waren deshalb raus. Sagt also die Merkel zum Scholz: „Willste nich‘ Dein Hamburg vor den Olympischen Spielen mal internaschonal n`büschn bekannter machen?“. Sagt der Scholz: „Klar doch.“ Dummerweise wurden die Dopingfestspiele abgesagt. Und zwar von den Hamburgern. Und deswegen hatten wir nun die G20 am Hacken. Bzw. die G35. Wer gewinnt, gewinnt.

Und was ist politisch passiert? Wir wollen ein bisschen was gegen Cholera tun? Und ein bisschen was gegen HIV? Und ein bisschen was gegen die Armut und so? Meine früheste „linke“ Erinnerung ist ein Mensch, der an der pariser Gare de L’Est im abfahrenden Zug stehend (1968?) rief: „Ich hole euch hier raus!“ – und dann sind wir mit einem Käfer(?) um brennende Scheiterhaufen nachhause gefahren. Die Mai-Revolution war ausgebrochen und der Typ vom Bahnhof ist danach Chef der Allianz geworden. Aber „rausgeholt“ hat er uns schon. 15 Jahre später. Geiler Job für Dad in Deutschland. Keine Barrikaden, da wo wir waren – aber damals auf dem Weg zurück, Rue de L’Est/Magenta/Republique. Ich werde es nie vergessen. Und damals waren es die richtigen Ziele.

Zurück zu Hamburg: Niemand hat gezeigt, wie ganze Familien am Straßenrand die Norwegische Abteilung willkommen geheissen haben. Sie war die letzte im Korso und musste warten, bis Macron drin war. Im Mövenpick (CH) – insofern quasi auf neutralem Terrain. Die Begleitpolizei war hocherfreut und machte noch Witze über die Tatsache, dass doch der Letzte eigentlich die HSV-Fahne tragen müsste. Und der SEK sagt mir, dass die Landes-Bereitschaftspolizei immer mit jungen Hunden auffährt, die sogar Waffe tragen dürfen. Ersteinsatz. Und sie sind alle froh, dass es keine Aussetzer gab. Sie selbst hängen die kleinen Verletzungen nicht so an die große Glocke. Aber wofür das alles war, können sie nicht beantworten. Man hat sie auch danach nicht über die Ergebnisse des Gipfels informiert. Was hätte es auch schon zu vermelden gegeben?

Ich spende monatlich an „Médecins sans Fontières“. Tut es mir gleich – es verschwindet einfach aus dem Budget. Für Menschen, die sich nicht zu Schade sind, vor Ort zu helfen. Also nicht wir.

Und die wahre Linke stinkt nicht mal mehr.
Sie riecht nach Irrtum.
Schade, schade.
R.

Chuck’it!

Also eigentlich wäre ohne DEN der ganze Scheiss‘ gar nich`angefangen.“ Der Mann hat recht. Und so’n Kram wie Elvis, Tina Turner oder gar die weisse Flachpfeife Buddy Holly wohl auch nicht. Oder die Stones. Oder ’68. Oder … oh my god.

Und der Mann war alt genug, um das zu beurteilen. Aber wieso war ich als kleiner Junge so fasziniert von „Maybellene“?!

Wahrscheinlich weil, wer solche Bewegungen macht, nicht mit seinen Eltern einverstanden ist. Oder zumindest bereit, ihnen zu widersprechen. Oder abzuhauen. Irgendwohin, wo Rock’n Roll ist.

PS: jetzt hab ich’s: er hat uns die Synkope gelehrt. https://www.youtube.com/watch?v=ttm3_cLhxFo Ab da wurde nicht mehr auf die 1 geklatscht. Zumindest von allen, die noch was vom Leben haben wollten.

Cuba1 – mas que nada.

Dies ist der erste von 3 Artikeln, die mit dem gebotenen Abstand von 3 Wochen nach unserer Reise nach Cuba (auch in Zukunft mit „C“ geschrieben) veröffentlicht werden. Es war spannend; aber kein Spass.

„Mas que nada“ heisst (wörtlich übersetzt) „mehr als nix“. Das ist auf Cuba kein Grund zu Trübsal, sondern Anlass zu Hoffnung und Freude. Denn wenn es mehr als nix gibt, gibt es … mehr als nix. Sehr wichtig, das, denn der Cubaner muss sich dauernd und mit fast allem „versorgen“, verbringt irrwitzig viel Zeit damit und hasst nichts mehr als die Leere. Wenn also nur das Geringste weiter oder vorwärts geht, ist schon fast alles GUT. Selbst die kleinste Veränderung zum Positiven wird als echter Fortschritt gesehen. Und der Hauch einer Beschleunigung von was-auch-immer als kraftvolle Entwicklung in die richtige Richtung. Beneidenswert einerseits, entnervend aber auch, denn die Gefeierten Neuerungen sind meist falsche Freunde. Also Waren, die es neuerdings (manchmal) gibt, Busse, die wirklich fahren (aber doppelt überbucht sind), Taxen, die nicht zusammenbrechen (aber ein Schweinegeld kosten), Pensionen, die saubere Betten haben (aber leider kein Wasser) oder Einkommen, die steigen (auf Kosten der Individualreisenden) und öffentliche Ämter-Korruption, die abnimmt (weil sie sich privat viel besser organisieren lässt).

Insofern alles chico, compadre, denn NIX, oder gar Innehalten wäre ja so etwas wie Stillstand; oder der Offenbarungseid und kein „desarollo“ oder – horribilis dictu! – Stille. Denn Stille ist der wahre Horror eines jeden Cubaners. Alle müssen ständig ganz viel reden, sich ihrer selbst versichern, ja selbst die Luft muss immer brennen, mit Geschrei und Musik und Ansagen und Radio und Telefon und TV … denn wenn es nichts mehr zu hören gibt, ist die Welt untergegangen. Problematisch in einem Land in dem die audiovisuelle Technik und entsprechende Medien gerade flächendeckend Einzug halten. Man muss es sich vorstellen wie ein laut brummender Heuschreckenschwarm der über die riesige Insel braust, und mit ihm jede ruhige minute, jeden Moment der Einkehr und der Ruhe hinwegfegt. Da werden Nachbarn lieber 5x am Tag über den anderen Nachbarn unterrichtet, als sich um seine Gäste zu kümmern; alles wird doppelt und dreifach besprochen und bestätigt und von einer Seite des Parque Central zur anderen geskyped – ja, geskyped. Und wir doofen Touris haben für 10% eines Monatseinkommens die läppische Stunde kein Netz, weil die Bandbreite belegt ist.

Blödes Deutsches Gemecker, zweifellos. Die Gründe dafür sind in der Realität aber irgendwann nur noch Anlass zu Wutanfällen oder Fatalismus. Oder zu subversivem Verhalten. Z.B. Leute, die auf der Parkbank für 2 Cent skypen einen CUC (1:1 an den Dollar (!) gekoppelte Touri-Währung) hinhalten und fragen, ob man auch mal darf, denn das würde bei uns zuhause so teuer sein. Oder die indigene Internet-Karte gegen US-Kaugummi oder Gummibärchen tauschen. Oder ein Experiment bei Freunden in Matanzas: Ghettoblaster auf der Terrasse nachts um 12 plötzlich ausschalten. Es dauert keine 30 Sekunden, bis ein anderes Gerät in der unmittelbaren Nachbarschaft losplärrt. Es könnte ja kurz Stille herrschen. Und das ist nicht zu tolerieren.

Ich habe keine Ahnung, ob es die fortwährende Propaganda ist oder die inhärente Abhängigkeit von Kontakten, Nachbarn, Familienmitgliedern und offiziellen Stellen, die permanente Beschallung und endloses Schnattern und absichern und abklopfen so überlebensnotwendig machen. Aber eines ist mal sicher: „mas que nada“ ist auf Cuba – zumindest akkustisch – eine schwere Untertreibung.

Hasta el silencio … a veces.

PS: verpassen Sie nicht „Cuba2 – mas o menos“.