Barstool.

Wie schön, dass es noch Designer gibt, die mit dem Arsch denken. Besonders, wenn es um Barhocker geht. Den Namen darf man nicht verraten, denn er ist leider „verbrannt“. Starck sogar.

Ich sitze soeben mit meinem auf einem von seinen … Entwürfen und jener fühlt sich wohl, zu Hause, und dennoch an der Bar. Bester Sitzkomfort, Platz zum rumrutschen, Lehne im richtigen Winkel und Fussstützen in passender Höhe, dazu noch transparent. Also gar nicht wie im Maybach. Und ohne die sinnlosen Gespräche, denn – erwähnte ich es schon? – ich bin ja zu Hause.

Das ist tröstlich, denn der Italienische Zoll hat mich viel länger darauf warten lassen, als ich „One more, please!“ sagen kann – so heissen die Teile nämlich – und das ist genau, was sie tun sollen. Sie verlangen nach mehr. Nach mehr rumsitzen, nach mehr Austausch, nach mehr Geselligkeit. Was für Hirn wie Arsch zwar gut ist – für die Leberwerte des Alkoholisten aber weniger. Denn man(n) könnte ewig darauf sitzen.

Und immer „one more, please!“ sagen.

 

Gedankenflüchtling.

Wir schauen uns das also an. Wohlwollend und kritisch. Sehen zu, wie andere erste Massnahmen ergreifen und wir erwarten, zeitnah informiert zu werden, wie sich das entwickelt. Beobachten spontane Hilfsmassnahmen, überforderte Beamte, Politiker, die die Mitte suchen, Gutmenschen mit Zeit zu helfen und Halbherzige, die sich den Gang zur Altkleidersammlung oder den Wertstoffhof ersparen. Mit Karmabonus natürlich. Die vage Hoffnung nährend, später, dann wenn es darauf ankommt, aktiv zu werden; sollten wir je den Arsch hochkriegen. Denn das würde ja bedeuten, zu verzichten. Auf Zeit, Geld, Energie oder Status – von Urlaubstagen nicht zu reden. Also palavern wir über das für & wider von „Wir schaffen das“, über die „Kapazitätsgrenzen“; aber nicht wirklich über die Flüchtlinge selbst. Kennst Du einen persönlich?

Das vornehmliche Problem liegt darin, dass sich Weltparameter, die wir gelernt haben, rasant verschieben. Und sowas ist nicht jedermanns Sache. Erspürt wird das Problem der Auflösung von Nationalstaaten zugunsten grenzenloser Material-, Wirtschafts- und Informations-Ströme schon. Dass der Träger – der Mensch also – auch wie durch eine globale soziale Membran diffundiert, erscheint da nur logisch. Und dass der Krieg ein Dauerzustand ist und bleiben wird in dieser Welt, mag von manchen erahnt werden. Daraus folgt aber im Einzelnen meist ein Gefühl der Hilf- und Machtlosigkeit, dass derart lähmend ist, dass wir uns fragen müssen, ob wir eigentlich noch Anteil haben an unserer Spezies. Oder ob unser Wissen über das, was wir selbst leben uns blind macht für das Schicksal anderer. Blind machen muss. Vor dem Fernseher kann jeder heimlich schluchzen. Und sich an der Hilfsbereitschaft anderer erfreuen auch. Das Ergebnis ist dasselbe: Tränchen verdrücken und sich dann etwas besser fühlen. Wie bei Harry Potters Basilisk: schaust Du ihm direkt in die Augen, bist Du tot. Durch eine Brille, einen Spiegel oder eine Pfütze gesehen, verwandelt er dich nur in Stein.

Die dünne Kruste der Kultur über dem brodelnden Vulkan, den wir unsere Heimat nennen und der mit jeder weiteren Entdeckung aus Astrophysik, Teilchenforschung und Genetik unwahrscheinlicher erscheint, sollte bewahrt bleiben und verteidigt gegen die, die davon profitieren, dass sie weiter ausgehöhlt wird. Was für ein ruchloser Plan ist es nur, dass Menschen andere opfern für ihre politischen Machenschaften? Sie kontigentieren, administrieren, ausweisen, zuweisen, nutzen, benutzen, ausnutzen, versklaven? Oder für puren Profit nicht nur die Menschen sondern dazu noch die Umwelt in der sie leben zerstören? Ihnen damit ihre Zukunft rauben. Und demnach indirekt auch unsere.

Oh ja, wahnsinnig langweilig. Binsenweisheiten. Aber als Entscheidungs-grundlagen sehr wirksam. Und extrem virulent. Auch wenn es eine riesige Gelegenheit ist, Le(e)hrstellen zu besetzen und eine gigantische „business opportunity“ für die Personalwirtschaft ebenso wie für die Waffenhändler. Die paar Rettungsvesten-Händler in Izmir fallen unter die Kategorie „Wertstoffhof“.

Das klingt alles sehr banal aber zur Basis des humanistischen Gedankens sollten wir ab & an zurückkehren um uns zu orientieren. Auch und insbesondere, wenn man sich die „westlichen Werte“ an die Brust heftet – offen oder heimlich. Ich jedenfalls werde mich nunmehr wieder engagieren. Hier, oder in Kambodscha oder anderswo. Manches ist zeitlich opportun, anderes macht gerade in der Fremde Sinn, noch anderes macht … doch auch mal was.

Denn die Ströme sind es, und nicht die Nationen.

Bis einer kotzt.

Wir Deutschen werden ja gerne bezichtigt, alles sehr gründlich zu betreiben.

Denken, entwerfen, konstruieren, verwalten, leider auch vernichten. Und das scheinbar zu Recht – auch wenn wir uns dagegen wehren und „ins Feld führen“, dass es doch nur Sorgfalt, Planung und Voraussicht ist, die den Eindruck vermitteln, wir würden Dinge, die wir unternehmen und Massnahmen, die wir ergreifen, bis zum Exzess betreiben. Denn es fällt derzeit wieder auf, mit welcher Gründlichkeit wir uns des Themas Ein- und Zu-, bald nur noch -Wanderung annehmen. In jedem Gespräch, auf allen Kanälen, Sendern und und in zahllosen Sonderformaten wird versucht, aus einem Ausnahme- einen Normalzustand herzustellen, der – wie ich fürchte – keineswegs der Einstellung der damit angesprochenen „Bevölkerung“ entspricht. Denn die meint ja immer noch, das sie es ist.

Damit einher gehen der Benennungswahn, die Zählungen, die gefälschten Statistiken; über Massenmedien an eben jene verbreitet, die nur einen Hauch von Rechtfertigung benötigen, um niedersten Ressentiments freien Lauf zu lassen. Die Antwort kann nur sein, dass man uns wohl penetrant vor Augen führen muss, dass wir längst ein „Ausländerland“ sind, dass die letzte Vielfalt in unseren Großstädten von eben jenen betrieben wird, und das manch einer über den Verlust des „Gemüsetürken“ oder des „Stammitalieners“ trauriger währe als über das dahinscheiden der eigenen Oma. Ja, viele vom Rest sind Rentner.

Insofern sind die Flut an Berichterstattung, die Archivausgrabungen, die Freundlichkeitsberieselung und die nervtötenden „Specials“ zwar nützlich – aber eben in beide Richtungen. Die kulturelle Selbstverständlichkeit von Gastfreundschaft bleibt auf der Strecke, wenn was Normalität sein sollte zum „Brennpunkt“ in den Medien wird. Der Focus muss zum gelebten Alltag zurück und der Versuchung widerstanden werden, aus immer neuen Zahlen Realitäten zu schaffen, die der Einzelne im Alltag so gar nicht erlebt. Aber der allgemeinen Meinung entkommt niemand, der auf sie angewiesen ist, um innerlich eine Entscheidung zu treffen. Ob er/sie dafür sind, dass die Armen kommen oder nicht, wird erstmal wenig daran ändern. Aber wenn es dann darum geht, zu erziehen, zu integrieren oder zu assimilieren? Bzw. den steinigen Weg dazwischen. Da wird sich dann zeigen, was im Vorfeld (und in dem sind wir immer noch) von Wortführern angerichtet worden ist.

Folgerichtig sollten sich die Medien mit Hilfe ihrer avancierten Recherche- und Analyse-Tools endlich der Verantwortung stellen, die sie haben. Denn sie werden diese Schlacht um die Identität der Nation aufnehmen müssen und prägend sein für die Tonalität in diesem Land über Jahre hinaus. Der Grundton des Nachfolgers der Willkommenskultur wird von den Medien bestimmt werden. Wie auch immer dieses Konstrukt dann heißen wird. „Kontrollierte Integrationskultur“ vielleicht, oder „Begrenzte Aufnahmebereitschaft“. Gründlich, sachgerecht, pragmatisch.

Parallel dann das: VattenFall führt einen Prozess gegen die Bundesrepublik. Wegen des Ausstiegs aus der Atomwirtschaft. Klar, verdienen ja auch jetzt weniger. Hätten Rücklagen bilden müssen in einem Hochrisikogeschäft. Das muss eingeklagt werden. Vor einem nicht öffentlichen Schiedsgericht in Washington. Es geht um € 4.675.903.975,32 – entspricht also für jeden der divulgierten 1.500.000 Bild-Flüchtlinge über € 3.100,- pro Person aus Steuergeldern. VOR der Unterzeichnung irgendwelcher diesbezüglichen Verträge. Falls unzutreffend wüssten wir gerne etwas davon.

Und ob NSA, VW, TTIP oder die anderen 100 Kriege auf diesem Planeten (darunter die „War on Drugs“, die „War on Terrorism“ und andere gutgemeinte) sich darob dann irgendwann „versendet“ haben, werden wir erst sehr viel später erfahren, denn wir werden weniger darüber erfahren. Und seltener. Und ungenauer. Und das ist genau das, was inzwischen alle wollen, die Dreck am Stecken haben: nur nicht zu viel Medienpräsenz. Es sei denn, die Facebooker und Konsorten starten mal durch. Das ist auf jeden Fall schwerer zu kontrollieren als ein öffentlich-rechtlicher Sender.

Und leider, weil wir jetzt plötzlich anders hinschauen: überall Ausländer, überall Diesel.

Überall Pablo Mora. Überall Mankell.