T. de Petze.

Nun setzt der allerverknöchertste Technokrat also noch einen obendrauf. Seit gefühlt Monaten leisten sich von&zu Maizière (also auch sein gesamtes Corps) in der Flüchtlingsfrage eine grobe Gedanken- und Gefühllosigkeit nach der anderen. In Form ebenso hilflos wie inadäquat wirkender, oft opportunistischer Reaktionen (statt gezielter Aktionen), von einer Politik der Uneinigkeit getrieben (die sie doch verantwortlich bestimmen sollten), unterfüttert von mangelnder Pragmatik bzw. fehlendem Einfühlungsvermögen (statt von strategischen Leitlinien), gebremst von Zögerlichkeit, dann aber gleichsam nach-befeuert von „gesunder Härte“: Nichts, was dieser Mann und seine riesige Verwaltungsapparatur in diesem Jahr zuwege gebracht haben, hat den zahllosen Helfern, NGO’s, Kommunalbeamten und Einsatzkräften in irgend einer Form „genutzt“. Im Gegenteil dazu müssen sie sich tagtäglich auch noch mit den chaotisch eintrudelnden Zuunrecht-Weisungen des Ministeriums für innere Hegemonie auseinandersetzen (Beispiele liegen mir vor). In Zeiten der gefühlten Bedrohung von innen UND außen kann das die Moral derjenigen, die wirklich und vor Ort helfen nachhaltig unterminieren und vorhandene Restkräfte der demokratischen Zivilgesellschaft nur schwächen. Mittelbar das Gegenteil dessen, was ein Innenministerium sein und tun sollte. Das war aber noch nicht alles. Der kann noch mehr.

Heute also noch der (fast schon rührende) Aufruf dazu, Eltern möglicherweise radikalisierter Kinder mögen sich doch bitte melden und ihre fehlgeleitete Brut bei seinen Staatsbediensteten verpetzen. Da die derzeit keine Zeit haben, bleibt das auch noch an den Sozialämtern und Sondermigrationssozial-integrationsbetreuungsstellen hängen. Nach „ich kann Ihnen dazu nichts sagen“ und „da werden wir dann mit aller Härte vorgehen“ über „es muss eine Grenze geben“ bis „… wenn sie das wüssten, wären Sie beunruhigt“ kommt jetzt sinngemäß „Wenn Sie uns Ihre missratenen Kinder ausliefern, kriegen wir die Sache schon in den Griff“ (letzteres kein Zitat). Klar, Digger, das machen die. Keep your Eimsbush clean!

Ich bin fassungslos, denn ich verstehe einfach nicht, wie sich selbst in Zeiten einer schweren inneren Krise jemand politisch halten kann, der so lange, so viel, und so unglaublich offenbar haarsträubenden Bockmist baut. Wahrscheinlich greift wieder die Merkelsche „Blitzableiterfunktion“ mit der sie schon oft Versager erst hat versagen lassen und dann gechasst hat. Ob UNS damit noch schnell und im Affekt übergriffige staatliche Überwachungsstrukturen auferlegt werden, die dann durch eine „vom Hof gejagte Personalie“ (sic!) nicht nur gesühnt sondern durch den Prozess leider auf lange Sicht festgeschrieben bleiben, gilt es nicht abzuwarten. Meiner Kenntnis nach gibt es kaum ein Sicherheitsgesetz, dass je wieder zurückgenommen wurde. Außer mal was in Bremen und im Bolivien von Venceremos Morales.

Nein, wir sind noch nicht fertig: Denn nun kommt der Zentralrat der Juden daher und fordert eine Flüchtlings-Obergrenze. Also – bitte kurz nachdenken – ja, genau, – nochmal kurz nachdenken – Rot werden – noch ein kurzer Versuch, es zu glauben – Blau anlaufen … und ausatmen. Hammer, oder?

Ich verstehe das alles nicht mehr. So blind dafür, dass wir Westeuropäer auf Dauer unsere Pfründe aufgeben müssen, kann doch keiner sein. Oder meinen die Herrschaften vielleicht, dass das mit der Denunziation der Arabischen Nachbarn sonst zu schnell losgeht? Und das dann statt Synagogen Moscheen brennen könnten?

Da hilft so ein Aufruf natürlich. Für die innere Sicherheit. Bald fange ich an zu beten.

PS: Wer das über den noch amtierenden Innenminister alles nicht glaubt, möge sich mal mit https://www.thomasdemaiziere.de/ trösten. Selbst da tut er sich weder uns, noch sich selbst einen Gefallen.

Barbarei 2.0 – fluctuat.

War was? Es ist schon erstaunlich, dass die Börsen an Tagen wie diesen STEIGEN. Der Dow Jones gleich um 1,4% – das sind Milliarden. Und um es gleich vorweg zu nehmen und Missverständnisse zu vermeiden: Nein, ich bagatellisiere die Geschehnisse in Paris keinesfalls. Mich als dort Aufgewachsenem haben diese barbarischen Akte vielleicht sogar mehr getroffen als andere, die sich vor allem um eine sichere Heimkunft der Deutschen Nationalmannschaft gesorgt haben.

Ökonomisch ist ja eigentlich kein Schaden entstanden, also wieso auch? Kein Finanzzentrum wurde getroffen, keine Ressource, keine Fabrik, kein Vertriebsweg, kein wichtiger Politiker. Die Asymmetrie der Angriffe hat lediglich wahllos zivile Opfer gefordert und die Hilflosigkeit der Staatsmacht gegenüber solchen Attacken offenbart; die Infrastruktur der Wirtschaft jedoch verschont. Oder sogar beflügelt, nämlich dahingehend, dass nun massiv aufgerüstet wird – von Computern über Sicherheitstechnik bis zu Waffen. Von den Ausgaben für zusätzliches Personal und Kommunikation ganz zu schweigen. Das ist Kriegsgewinnlertum in Binnenmärkten und mit internationaler Vernetzung. Und wer weiss schon, dass Syrien keine Schulden hat. Die ARD scheinbar nicht. Und die anderen (ARTE ausgenommen) überschlagen sich in Sondersendungen, die nachplappern, was andere nachplappern. Als nächstes kommt der CSU’ler um die Ecke, der schnappt, das „sowas von sowas“ kommt. Ich ertrage das kaum mehr.

Pro Tag sterben der WHO nach etwa 2.000 Menschen an Malaria. Und wo früher alle 15 Sekunden ein Kind an Hunger starb, dauert es jetzt nur noch 10 Sekunden (WFP). Dazu gibt es aber kein „Tagesschau Brennpunkt“. Der müsste ja auch jeden Tag – oder jede Stunde – stattfinden.

Bitte versteht mich richtig: ich finde die barbarischen Akte in Paris ebenso abstoßend wie verdammenswert. Aber um ein wenig Augenmaß in Bezug auf den weltweiten humanen Kontext möchte man schon bitten. Vor allem, wenn für internationale, rasant abgestimmte Rachemassnahmen und den weltweiten „Krieg gegen den Terror“ massive Mittel bewilligt und „en passant“ grundlegende Bürgerrechte ausgesetzt oder zumindest nachhaltig in Frage gestellt werden.

Anders ausgedrückt: im Paris der ersten 50 Jahre des 17. Jhd. sind etwa 2 Millionen Menschen gestorben; das sind etwa 100 pro Tag. Vor der Revolution. Danach noch mehr. Für eine im Vergleich zu heute kleine Stadt eine ungeheuere „mortalité“. Aber da war die Stadt der Liebe ja auch nur, äh, eine der größten und weitest entwickelten Städte weltweit. Mit großen „Banlieues“ – was nichts anderes heisst als „Bannmeilen“. Fluctuat nec mergitur* – so der Wahlspruch der Pariser. Wollen wir hoffen, dass die Rechte ihrer Bürger – und die der ganzen „Grande Nation“ – nicht weiter ins Schwanken geraten.

Ich jedenfalls werde mich wieder auf den Weg machen – dahin, wo Menschen an Hunger sterben.

*Fluctuat nec mergitur – Sie schwankt, jedoch sie geht nicht (nie) unter.

Mwa Suu.

Dear Mwa Suu,

please excuse my empathetic personal addressing. It is with the greatest respect that I congratulate you to half a century of relentless fighting for the freedom and peace of your people, the henceforth hopefully united union of the Burmese society. As it seems, you have taken your country onto a majoritarian ride against oppression and misconduct; possibly magnanimously leaving behind Groce violation of civil ethics and the systematic violation of human rights by the „former“ regime. This kind of achievement was never before accomplished in one overwhelming voting sweep in history. Your personal engagement and striving vision of a democratic self-government and the graceful reconciliation with your jailkeepers is worthwhile to be a role-model for many countries in similar despair. I therefore praise your patience, your energy, your focus, your balance and hope for the best for the negotiations you will be confronted with in the near future. The old guard will not give in easily. And trouble lies ahead. But nothing less than „the people“ love you.

 

PortrÊt af den burmesiske oppositionsleder Aung San Suu Kyi. Hun er fotograferet i sin bungalow i Rangoon, Burma.

And so do we.