G21-35.

Der 200-ste Beitrag.
Nun denn: Zum G20 nachträglich.
(korrigiert und überarbeitet – die erste version war doch gar zu krude, sorry)

Um den Titel zu erklären: es waren in Wirklichkeit 35 Länder mit ihren Delegationen zugegen. Darunter die gesamte Staatsspitze von dem Staat, in dem man nicht Kaugummi auf die Straße spucken darf, ohne festgenommen zu werden; von Ländern, in dem Frauen unterdrückt werden, von Nachbar-Nationen, die totalitäre Staatsstrukturen aufzubauen versuchen und solchen, die uns erpressen mit der Kasernierung von Flüchtlingen gegen Geld. Aber das nur nebenbei. Selbst Frauen- und Fremdenfeindliche sind dabei. Nebst aller neuen Potentaten in unserer Nachbarschaft -und zu Gast- gab es ja auch noch die Unentschlossenen, die Zaudernden, die Berechnenden. Nach längerer Zeit und den allfälligen Aufräumarbeiten bleibt … vor allem Ambivalenz.

Da ich Polizisten zu meinem Freundeskreis zählen darf, kann ich nicht umhin, deren Sicht auf „bodenloses Chaos“ (nämlich im öffentlichen Raum) und „grauenhafter, absoluter Priorität“ (nämlich des Schutzes der Gäste) zu unterschlagen. Aber auch wenn die Staatsmacht zurecht und adäquat gehandelt hätte, bleibt die Frage nach dem „Warum?“. Wieso also Menschen so hart vorgehen gegen Menschen, die sehr dumme Dinge tun, um die Herrschaft über die Bilder zu erlangen. Und wieso der eigentliche Grund für die Proteste so elend untergegangen ist. Weil so viele sich nicht wohlfühlen mit der Globalisierung des Kapitals. Und warum der Staat seine Gäste vor den Schutz der eigenen Bevölkerung bzw. ihres Hab&Guts stellt? Können die uns so sehr schaden, dass selbst unsere eigenen Bürger egal sind? Können also Trump, May, Urban, Erdogan und andere die Agenda bestimmen? Will sagen: dies war ein Krieg der Bilder. Und die Bilder-Verbreiter (längst nicht mehr nur die offiziellen Medien) haben ihn verloren. Denn „die Bilder“ haben sich selbst entlarvt. Sie haben -als heißlaufende Zeichenmaschine- gezeigt, dass sie nur interessiert sind an dem, was Aufregung verspricht, was Empörung verursacht und was leider Stammtischsprüche befeuert Ich habe mit eigenen Ohren aus intelligentem Munde gehört, dass „Vermummte in den Knast gehören“. Was bitte, bleibt den harten Oppositionellen in dieser kamera-überwachten Republik übrig, als sich unkenntlich zu machen? Die Vollidioten, die nur etwas zerstören wollen, weil ihr Hooliganism gerade Spielpause hat mal kurz außen vor. Spackos, die selbst durch „unsere“ Osterstrasse marschiert sind und dabei ein ganzes Arsenal an Waffen rechts haben liegen lassen, weil keiner ortskundig war – und die Nachbarn Stein und Bein schwören, sie hätten nur Italienisch, Spanisch und Russisch gehört? Gratuliere zur Bildung. Aber abgesehen davon: die Spuren der Verwüstung in nicht von der Ordnungsmacht besetzten Gebieten sind ein klarer Beweis für inhaltsleere Zerstörungswut. Und nochmal und trotzdem: Warum?

Niemand will es wissen. Insofern beiderseits die falsche Taktik UND Strategie. Und die 12 Millionen Zahlung der Versicherungen, die gerade die Runde machen sind ein mittlerer Lagerhausbrand. Das SEK vermeldet „keine Schwerverletzten“. Der Polizeiführer sagt, es sei „glimpflich abgelaufen“ – was ich ihm glaube – und die Betroffenen vor Ort reden von „ausser Kontrolle geratenen Gästen“. Na Servus. Jetzt kommen sie mir alle mit „in München wäre das nicht passiert“. Dabei hatten die Ellmau und waren deshalb raus. Sagt also die Merkel zum Scholz: „Willste nich‘ Dein Hamburg vor den Olympischen Spielen mal internaschonal n`büschn bekannter machen?“. Sagt der Scholz: „Klar doch.“ Dummerweise wurden die Dopingfestspiele abgesagt. Und zwar von den Hamburgern. Und deswegen hatten wir nun die G20 am Hacken. Bzw. die G35. Wer gewinnt, gewinnt.

Und was ist politisch passiert? Wir wollen ein bisschen was gegen Cholera tun? Und ein bisschen was gegen HIV? Und ein bisschen was gegen die Armut und so? Meine früheste „linke“ Erinnerung ist ein Mensch, der an der pariser Gare de L’Est im abfahrenden Zug stehend (1968?) rief: „Ich hole euch hier raus!“ – und dann sind wir mit einem Käfer(?) um brennende Scheiterhaufen nachhause gefahren. Die Mai-Revolution war ausgebrochen und der Typ vom Bahnhof ist danach Chef der Allianz geworden. Aber „rausgeholt“ hat er uns schon. 15 Jahre später. Geiler Job für Dad in Deutschland. Keine Barrikaden, da wo wir waren – aber damals auf dem Weg zurück, Rue de L’Est/Magenta/Republique. Ich werde es nie vergessen. Und damals waren es die richtigen Ziele.

Zurück zu Hamburg: Niemand hat gezeigt, wie ganze Familien am Straßenrand die Norwegische Abteilung willkommen geheissen haben. Sie war die letzte im Korso und musste warten, bis Macron drin war. Im Mövenpick (CH) – insofern quasi auf neutralem Terrain. Die Begleitpolizei war hocherfreut und machte noch Witze über die Tatsache, dass doch der Letzte eigentlich die HSV-Fahne tragen müsste. Und der SEK sagt mir, dass die Landes-Bereitschaftspolizei immer mit jungen Hunden auffährt, die sogar Waffe tragen dürfen. Ersteinsatz. Und sie sind alle froh, dass es keine Aussetzer gab. Sie selbst hängen die kleinen Verletzungen nicht so an die große Glocke. Aber wofür das alles war, können sie nicht beantworten. Man hat sie auch danach nicht über die Ergebnisse des Gipfels informiert. Was hätte es auch schon zu vermelden gegeben?

Ich spende monatlich an „Médecins sans Fontières“. Tut es mir gleich – es verschwindet einfach aus dem Budget. Für Menschen, die sich nicht zu Schade sind, vor Ort zu helfen. Also nicht wir.

Und die wahre Linke stinkt nicht mal mehr.
Sie riecht nach Irrtum.
Schade, schade.
R.

Knatter.

Es knattert.
Hubschrauber beschützen knatternd den Knaster. Die ganze Welt des Knasters ist zu Gast in Hamburg und der Knaster trifft sich um zu knattern wie es weitergeht. Mit dem Euro-Angelsächsischen Knatter. Und bloß nix abgeben, und bloß sich keine Blöße geben, und bloß keine Alternativen zulassen, und bloß kein Jota nachgeben, und bloß weitermachen und sich nicht beeirren lassen, und bloß die Grenzen dichtmachen und bloß den Export schützen und bloß die Binnenkonjunktur beschützen und bloß keinen reinlassen und bloß zusammenstehen und bloß weiter meinen, die Deutungshoheit zu behalten und bloß nicht nachgeben und bloß niemanden reinlassen und bloß keinen Deal verpassen und bloß nicht vergessen, dass man die herrschende Klasse ist und keinesfalls begreifen …
…. dass wir nur ein Teil dieser Welt sind.

Der Teil nämlich, der den „anderen“ diktiert, wo es langgeht.
Der ihnen den Scheiss verkauft, den wir nicht mehr loswerden.
Der sie mit dem Müll unserer „Zivilisation“ zukippt.
Der ihnen Sprachen und Vertragswerke und Patente aufoktruiert, die nicht ihre sind.
Der ihnen die Handlungsfähigkeit, die Würde und die Freiheit raubt.
Der sie drangsaliert, erpresst, abhängig macht und unterwirft.
Der sich selbst desavouiert in dem er solches plant und tut.

Welcome to hell.
You are not welcome.
R.