Unterricht.

Wie die Pearlfishers (der einer ist) so schön zum Ton dichten: „I was a cowboy in my neighbourhood, spinnig around in the headrooms…“.
Nun, daraus wurde – zumindest heute – nix.
Das Angebot, mehrfach bestätigt („ja, geil, auf jeden!“), English-Unterricht für, sagen wir mal, „unterprivilegierte“ Mädels zu geben, noch dazu zuhause bei uns, wurde, äh, kurzfristig wegen „Frauengeschichten“ abgesagt. Das hört sich in der heutigen Mediensprache so an: „die Soundso kann nich. Muss zu Arzt. Dann besser nächste Woche, oder?“. Zweite sms: „ich auch“.
Koa g’mahte Wies’n.
Aber das kenne ich ja aus Cambodia.

Aha.

Die Iwatch also.

Mensch-Maschine-Interface mit direkter Verbindung zu den BigData-Bases dieser Welt. Fantastisches Überwachungsinstrument – bis hin zu den physiologischen Daten, die an die Versicherung geschickt werden. Oder dem perfekten Bewegungsprofil, das körpernah mit Puls, Blutdruck und „spontanen“ Moves im Rahmen der zur Verfügung stehenden Umgebungen, Maps, sowie Service- und Shopping-Möglichkeiten verknüpft und analysiert werden … Äh, werden.

Top News im Nachtmagazin – direkt verbunden mit den sinnverwandten Börsenmeldungen. Noch vor Kriegen, Erdbeben, Wetter, Flug MH17, Ukraine, Irak und Ebola.

Die User-Dummheit scheint grenzenlos, die Medien willfährig und der stumpfsinnige Hunger nach Bequemlichkeit entgrenzend. Deshalb, weil wohl der Punkt erreicht ist, an dem (wahrscheinlich viele) Menschen es offensichtlich nicht begreifen, dass sie dabei sind, sich einem völlig undemokratischen System zu überantworten. Wieso? Weil die letzte Instanz, die diesen armen Schweinen bleibt, das soziale Rating im Netz ist. Traurig genug, dass die Vielfalt der Dummheit mit der Mehrheit verwechselt wird. Diese Form von Gesetz ist unlegitimiert, unkontrolliert, User-to-User, ohne Dritte Gewalt oder Instanz außer ihren Providern, Networks und Apps; also undemokratisch.

Und wer mir widersprechen will, der möge das schriftlich und konzise formulieren.

Böser Irrweg. Aber nichts Neues. Früher haben sie eben den Rhein kontrolliert. Oder den Reichstag, danach den Salzhandel, das Bier … und dann den Schrebergarten. Hoffnungslos.

 

Idyll.

T2 in StaraFuzina.

 

Ein Ort, der Bullerbü, Heidis Alm und Ronja Räubertochters Wälder auf einmal darstellt ist schwer vorstellbar. Dennoch existiert er. Zwischen den Karawanken und den Julischen Alpen gelegen, finden sich Täler, die nicht wilder, Dörfer, die nicht malerischer und Seen, die nicht einladender sein könnten als eine Kinderfantasie von den perfekten „großen Ferien“. Wer das Glück hat, dort gewesen zu sein, kann nicht anders, als sich an das zu erinnern, was früher einmal der Sommer war. An jeder Ecke ein neuer Ausblick, hinter jeder Hecke ein Geheimnis und an jeder Wegbiegung Gelegenheiten, Unsinn zu machen und Spass zu haben. Geschichten erfinden sich von selbst, die Natur spielt mit, die passenden Menschen und Gestalten kommen dazu. Ganz von alleine stellt sich das Gefühl ein, wieder Kind zu sein und auf Entdeckungsreise zu gehen; bei jedem Schritt und ohne Mühe. Ach wie schön ist Slovenien, wenn man einen Freund hat, mit dem man teilen kann.

T2 = Glück

Vorhang.

Ich weiß nicht recht, ob er sich hebt oder fällt; über Kambodschas Vergangenheit. Und ob es hierzulande noch irgend jemanden interessiert, dass die Prozesse gegen die Chefideologen und Mörderbrüder Pol Pot’s nun doch noch zu Urteilen führen. Derlei „Probleme“ scheinen ja eher biologisch (also passiv) als legal (also aktiv) gelöst zu werden. Aber als empathisch Miterlebender der Nachbeben dieser unvorstellbaren Tragödie, die fast die Vernichtung einer Jahrtausende alten Kultur zur Folge hatte, sind die ergangenen Schuldsprüche gegen Nuon Chea und Khieu Samphan, die „Nummer Zwei“ und das damalige Staatsoberhaupt eine Genugtuung, die die „SZ“ zu Recht „Ein guter Tag für Millionen“ nennt.

Stellt Euch einfach vor, Euere Grosseltern, Eltern, Onkel und anderen Verwandten hätten sich unter Androhung eines gewaltsamen Todes gegenseitig ins KZ geschickt. Dann wären Euere Tanten dazwischen gegangen und Euere Cousins, Cousinen, Schwestern und Brüder hätten sie, terrorisiert, verraten. Und Euere Kinder sollen jetzt so tun, als wäre nichts gewesen. Und wir reden hier über die Siebziger, nicht über den Weltkrieg.

Schwer zu Glauben das alles, aber wahr. Und ich habe die Geschichten gehört. Zugegeben teils nach viel Alkohol, aber der macht ja gesprächig. Auch aus Mündern, denen ich nicht trauen kann. Was die Sache noch schlimmer macht – denn im Gegensatz zu den Nazis leben viele der Schuldigen noch inmitten der kambodschanischen Gesellschaft; teils an den Schaltstellen; alle wissen es und niemand traut sich aus der Deckung. Weil ein „funktionierendes“ Gemeinwesen das einzige ist, was ihnen geblieben ist.

Nuon Chea ist bei der Urteilsverkündung sitzen geblieben. Er sitzt im Rollstuhl, kann dem Vernehmen nach aber jederzeit stehen. Das ist selbst bei uns eine Missachtung des Gerichts. In Kambodscha ist es ein Zeichen an die Gefolgsleute von damals, zu schweigen bis zum Tode. Also wird es doch biologisch geklärt werden müssen. Aber eine große Erleichterung für junge Kambodschaner (sie machen unter 28 fast die Hälfte der Bevölkerung aus (!) ist es dennoch. Das Zeichen heißt: wir dürfen jetzt darüber reden.

Cosmic.

Sie haben herausgefunden, dass es einen „Galaxienhaufen“ gibt, der „El Gordo“ – also der Fette – heisst. Diese Ansammlungen von Sternensystemen (!), die sich zu Galaxien zusammengeschlossen haben, die wiederum eine Ansammlung von Galaxien bilden ist sooo fett, dass sie das Licht krümmt, das von hinter ihr zu uns dringt. Das bedeutet a) dass Einstein recht hat und immer hatte, b) dass es zwingend verschiedene Zeiten gibt, und das c) Paralleluniversen logisch erscheinen. Prima Sache das.

Und ich habe mit meiner Frau lecker zu Abend gegessen, ein schönes Gespräch geführt und dann abgespült.

Alles wird gut, weil nichts ist, wie es scheint. Aber alles ist auch gut, weil alles so ist, wie es scheint.

Und dascha mal ein Grund zur Zufriedenheit.

Alles durcheinander.

Es regnet den ganzen Tag. Ich habe einen Schirm geschenkt bekommen. Meine Mutter hat eine neue Pflegekraft. Mein bester Freund disst mich. Meine Frau hat ein Golfturnier in Spanien gewonnen. Meine Co-Autorin zur „Kutsche des Todes“ verunsichert mich. Die Sicherungen meiner Küche knallen permanent durch. Ich habe 64 Minuten lang den Bacardi-song in der Warteschleife von Fluege.de gehört, weil ein Detail nicht stimmt. Schwelgte mit einem 68-jährigen 68er über das Leben am Boulevard Raspail und in Islington. Es gab Brotzeit statt der geplanten Entrecôte. Der HSV hat gewonnen. Mein bester Freund nicht. Und wir müssen morgen gegen Sandhausen ran. Schöner könnte das Leben nicht sein.

 

Ecklestisch.

Zwei Gedanken an einem Abend seien erlaubt.

Ich sitze hier, in meiner Deutschen Wohnung mit französicher Vorgeschichte, esse nach orientalischem Kichererbsensalat aufgewärmt Thailandish, trinke dazu Spanischen Wein und höre Musik von der Westküste Afrikas. Holländisches Gras und Spanischer Fussball. Griechischer Schafskäse und Cambodschanische Freunde. Koreanische Technik, Indische Gewürze und Dänische Wochenend-Trips. Amerikanische Kriege und Polnische Freiheitskämpfer. Argentinische Tänzer und Südafrikanische Golfplätze. Portugiesicher Fado und Ecuadorianischer Dschungel. Die Ekletik der kulturellen Erfahrungen überspannt sich – multiparalell zur Globalisierung.

Zumindest werde ich behaupten können, die Welt im Rahmen ihres neuen, hybriden Selbst erlebt zu haben. Nach den 80ern ist das ein Fortschritt.

Wahrheit.

Ein Mann, dessen Vater gestorben ist, durchsucht dessen Druckerwerkstatt. Er, der Vater, hielt sich über Wasser mit dem Druck von Briefpapier, Etiketten, Kuverts und Ähnlichem. Er streift also durch das Hinterzimmer der Werstatt und findet eine Schachtel mit der Aufschrift „Bitte nicht öffnen“. Er überlegt lange, ob er sie nicht öffnen soll, entscheidet aber aus Respekt vor dem Verstorbenen, sie nicht zu öffnen.

Nach Jahren des innerlichen Kampfes, des Zögerns und des fast unbezwingbaren Wunsches, die Schachtel zu öffnen, beschließt er, dem Rätsel und seiner Neugier ein Ende zu bereiten und öffnet die Box. Darin sind eine handvoll Etiketten mit der Aufschrift „Bitte nicht öffnen“.

Die Wahrheit ist ein leerer Briefumschlag.

Stachelschwein.

Ein intermezzo bei Arte. Erzählt wird die Geschichte des Stachelschweins als Parabel des sozialen Menschen. Stachelschweine frieren im Winter so wie alle Tiere in Südafrica. Also versuchen sie zu kuscheln. Was zu pieksen führt. Worauf sie sich entfernen … und frieren. Dann versuchen sie es erneut. Es piekst wieder. frieren, pieksen, kuscheln, autsch!

Wir kommen also nicht umhin, eine Lösung dieses Dilemmas zu suchen, denn wir sind ja intelligente Stachelschweine. Die Lösung ist: Höflichkeit. Mittelbar die Nähe (oder Regeln, oder Konformität, oder Nestwärme) in der Distanz; und die wohldosierte Distanz in der Nähe (oder Öffentlichkeit, oder Gesellschaft oder Partnerschaft). Höflichkeit. Dazu gehört auch, Gedanken mitzuteilen denen, die einem wichtig sind. Und genau da hört der Stachel auf. Denn man kann sie auch alle so anlegen, das Kuscheln möglich wird.

Einen schönen Abend – vor allem unseren Russen auf der Krim. Die tolle Geschichten zu erzählen hätte, wenn wir sie den ließen.

Vogelwild.

Als ich meinem Freund Thoeun in Cambodia den leicht überheblichen Rat gab, keinen Copy-Shop, sondern ein Internetcafé zu eröffnen, war das noch Zukunftsmusik. Inzwischen hat sein Freund, der Landvermesser, ihm jedes mal Bescheid gestoßen, wenn ein Stückchen der N2 aufgebuddelt wird, und er hat jedes verdammtes Mal dafür gesorgt, dass ein Stück „landline“ mitverlegt wurde. Das Puzzle ist inzwischen komplett und gestern wurde der Anschluss zur Hauptstadt und das Internet-Café gleich mit eröffnet. Wie schön.

Gratulationen unter mithemosun@gmail.com

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