Linsenweisheit.

…ist, dass auf Urlaube, die man nicht gemacht, Reisen, die man nicht unternommen, Erlebnisse, die andere gehabt haben und Perspektiven, die man nicht selbst ein- oder aufgenommen hat, eigentlich geschissen ist. Also auch auf die typische Aprés-voyage-Nabeldiashow. Ob man sich als erfahrungsgegerbter Reisender oder als gar-nicht-so-schlecht-Fotograf geriert – fast immer handelt es sich um eine Spielart der Selbstbeweihräucherung. Die allerdings mancherorts willkommen und sogar erwünscht ist. Und der ich hiermit gerne nachkomme:

https://www.jeanbrasse.de/laos/111

Der Vollbildmodus wird empfohlen. Die Auflösung gibts her.
Alles andere erklärt sich von selbst.

Seid gegrüßt, Winterkinder.
R.

PS: wer eins draufsetzen will wählt „…/222“ als Link-Ende.

Neu.

Das Jahr ist alt und jetzt kommt ein neues.
Es kann nur besser werden.
Eine liebe Freundin liegt im sterben,
das Wetter spielt verrückt,
ich auch,
und die Menschen werden immer dümmer.
Da das ihren Untergang beschleunig ist das zu begrüßen.
Und sie werden wieder gieriger.
Nie waren mehr Finanzderivate auf dem Markt.
Fast 600.000 Produkte im Wert von mehr als 100 Milliarden allein in Deutschland.
Soviel Zeug gibt’s nicht mal bei Edeka, Aldi, Mediamarkt, Saturn und Rewe zusammen.
Genug Kapital, um den Hunger und alle Krankheiten auf der Welt zu besiegen.
Ich wünsche allen eine kapitale Pleite in 2011.
Denn das Geld findet seinen Weg sowieso nicht.
Nicht in den Klimaschutz.
Nicht in die Erhaltung der Umwelt.
Nicht in die Sozialnetze.
Nicht zu den Hungernden,
nicht zu den Kranken,
nicht zu den Armen mit Ideen,
nicht zu den Armen, die zu doof sind,
nicht zu den Verseuchten,
nicht zu den Hilflosen,
nicht zu den Ausgeschlossenen, die uns bald überrollen werden.
Insofern widme ich das kommende Jahr den Menschen, die Leiden.
Leiden, auch weil es uns so gut geht.
Also werde ich daran arbeiten – und zwar ausschliesslich.
Ich will ein Umverteiler sein.
Ist alles schwer pathetisch, muss aber im grassierenden ADS mal hingehaucht werden.
Ein schönes neues Ja.
R.

PS: Jetzt erstmal klimaschonend nach Laos, dann von dort mehr. Salut salauds.

S21+.

Finde ich ja schön, dass er jetzt größer werden soll, damit er das tut, was er soll. Insofern ist Stuttgart 21+ ein perfektes Beispiel für eine unauffällige Transferleistung: Wir wollen Planungssicherheit und Kostenkontrolle, also erweitern wird den Bau unbestimmt und auf Jahre hinaus prekär und legen die Kostenfeststellung damit (juristisch) auf einen späteren Zeitpunkt. Dass der alte „Wolf im Schafspelz“ (so meines Vaters Warnung vor Herrn Geissler) sich den Wolf verhandelt hat und oft ein Schafspelz trug täuscht nicht darüber hinweg, dass er letztendlich für den großflächigen Ausbau einer Gleisanbindung votiert hat, die nachweislich keinen interessiert. Wer will schon über Stuttgart in den Balkan reisen? Da fällt uns doch was anderes ein, oder?
Viel Spass mit der eingeforderten „Bürgerbeteiligung“!.
Love,

Palmares.

Irgendwie kriegen wir in der Familie gesellschaftlich ja nix auf die Reihe, finden Vernetzung in der aktuell gängigen Variante eher suspekt und sind auch sonst nicht wirklich kompatibel mit der Bourgeoisie. Nun fällt allerdings langsam auf, dass wir inzwischen zahlreiche Preistraeger in unseren Reihen zaehlen.

For the records: 1 Grimme-Preis (2004), 2 Comedy-Preise für die „Ladykracher“-Shows, 2 Auszeichnungen des Deutschen Direktmarketingverbands (Silber und Gold), 1x Unternehmer des Jahres (Ok, in Bulgarien) und nun die Karl-Friedrich-Nebenius-Medaille der IHK für Verdienste zur beruflichen Weiterbildung.

Warum es erwähnenswert ist? Ganz einfach. Nicht darum gebuhlt, niemanden geschmiert, nichts erhechelt. Und trotzdem. Ein bisschen stolz weil sich Qualität manchmal eben doch durchsetzt.

Jetzt hätte ich gerne noch die Palme in Cannes, die Aufnahme in die Academie Francaise und den Nachhaltigkeitspreis der Unesco. Wir arbeiten daran.

’n Abend.
R.

Kriegsverhinderungsmaschine.

Meine geliebte Schwester Uta schreibt mir:
Mal wieder eine kleine morgendliche Anekdote von Roman (ihrem 6-jährigen Sohn).

Szene: Heute morgen gegen 6.40 Uhr. Ich bin im Bad, er zieht sich in
seinem Zimmer an und singt lauthals selbsterfundene Lieder mit
selbsterfundenen Texten und Melodien.
Ein Vers beginnt mit „meine sehr geehrten Damen und Herren“.
Plötzlich hält er inne und kommt ins Bad.

R: „Mama, eigentlich müsste es sehr geehrte Herren und Damen heißen und
nicht sehr geehrte Damen und Herren“
U: „Warum?“
R: „Weil wir Herren stärker sind, also müssten wir zuerst kommen.“
U:“Abgesehen davon, dass es mit der Stärke nichts zu tun hat, sagt man
es vielleicht so, weil wir Frauen klüger sind.“ (lach)

Roman zieht von dannen um ca. 15 Sekunden später wieder aufzutauchen.

R: „Das stimmt gar nicht, dass Ihr klüger seid oder hast Du vielleicht
schon eine Kriegsverhinderungsmaschine erfunden?“
U: „Nein, das habe ich nicht.“
R: „Aber ich hab die erfunden, also bin ich klüger.“
U: „Aha. Und wie funktioniert die?“
R: „Also, das ist eine Maschine ungefähr so groß wie ich, mit Rädern und
einer Kamera die alles aufzeichnet. Außerdem ist da noch eine
Eisenstange. Es muss eine Eisenstange sein, damit sie nicht abbricht.
Die Maschine fährt also zwischen den Krieg und fährt die Stange aus und
dann stoppen alle den Krieg. Und dann fragt die Maschine wieso die Krieg
machen und das, warum sie dann Krieg machen, bekommen sie dann aus der
Maschine und dann brauchen sie keinen Krieg mehr machen.“
U: „OK, und warum braucht es dann eine Kamera?“
R: „Damit die Maschine dann denen auch zeigt, wofür sie alles Schuld
sind und was sie mit dem Krieg alles anrichten.“

Mein Fazit: Roman ist klüger als ich, weil er eine Kriegsverhinderungsmaschine erfunden hat.
Deshalb sollte er in Zukunft immer zuerst genannt werden.

In diesem Sinne schicke ich Euch meine liebsten und
kriegsverhinderndsten Gedanken, die mir grad so zur Verfügung stehen,
Eure Uta

quid pro quo.

Zauberhafte Idée, geboren im Gespräch, befeuert von Bestrebung: im wahnhaften Verlangen, einen der Besten als Klavierlehrer zu bekommen, ihm im Vorfeld jedoch eröffnen zu müssen, dass es im Wesentlichen um Grundlagen der Harmonielehre, Notenlesen und das grundsätzliche Verständnis von musikalischer Mechanik gehen soll, stellt sich heraus, dass Er ein ähnliches Bedürfniss bezüglich seiner Küche hat. „Top ausgestattet, aber weder ein Messer noch eine Pfanne“. Nun, dass ist „für’n Arsch“ und entspräche dann wohl meinem „schönes Klavier, gute Ohren aber keine Ahnung und notenblinde Navigation ohne Ziel“. Ganz zu schweigen davon, dass beide keine Lust auf Fingerübungen haben und ebensowenig auf klassische Didaktik. Der Horizont ist die Lernfläche, auf die projeziert werden soll. Mittelbar eine Vorstellung davon zu bekommen, wie Kreativität mit Grundtechniken zu persönlich befriedigenden Ergebnissen führen. Ganz konkret.
Spielen lernen statt Stücke spielen.
Kochen lernen statt Rezepte kochen.
Kadenz oder Quintenzirkel.
Schmoren oder Braten.
Fingerüben und Akkorde erfassen.
Zwiebeln schneiden und Fond ansetzen.
Komposition im Geiste.
Einkauf nach Plan.
Riffs und Übergänge.
Würzen und binden.
Improvisieren.
Improvisieren.
Zauberhafte Idée, n’est-ce-pas?.
Und ein schönes quidproquo.
Vielleicht sogar ein „role model“.
Mal in meiner Küche (Steinway).
Mal in seiner (Bösendorfer).
Wann auch immer es Realität wird: Ich freue mich darauf.

Noten Appetit!

Chinesisch für Anfänger

Hier (?) aber auf jeden Fall anderswo hab ich schon auf Liu Xiaobo, mehr noch auf Liao Yiwu (Dreimal Ausrufezeichen: Der ((chinesische)) Vertreter dessen, was man unter wahrem „Storytelling“ zu verstehen hat, inklusive aller erkenntnistheoretischen, literarischen, ethischen, politischen etc. Implikationen) aufmerksam gemacht. Jetzt bitte auch auf andere aus dieser Riege schauen: Unbedingt etwa auch auf Xu Xing und sein wunderbares Buch „Und alles, was bleibt, ist für Dich“. (Die Buchhandlung im Umkreis, die es da hat, ist DEINE).

Keinerlei Kommentar: Nur die schlichte Empfehlung: Lesen (davor oder parallel Yiwus „Fräulein Hallo…“ naturgemäß). [Nur so viel: allein die Szene in der tibetanischen Kneipe lohnt schon die Lektüre…]

Spannend wird es dann (danach oder im Rückblick), genau zu hören und zu bedenken, was Dir all die Checker erzählen, die jetzt (meist geschäftlich) gerade aus China kommen und Dich volltexten mit „Wissen“ über, hey, die Wirtschaft, die Entwicklung, hey, die Geschwindigkeit, die Disziplin, die yeah! Energie, und da werden wir uns nochmal umschaun (bloß der Sprecher nicht!), und der ganze Schmonzes von Teilanschauung und Kurzschlüssen und Lustangst und Gierschauder und was weiß ich noch alles…

Test: Wenn einer mit seiner „China-Expertise“ so daherrauscht, einfach mal fragen: Kennen und schätzen Sie die Werke von Ai Wai Wai? Was halten Sie von Xu Xings letztem Buch? usw.

Wintermärchen

Itzt, da hinter Rosenheim die ersten Bergkuppen schon ein erstes Schneekäppchen aufgesetzt haben, das angesichts des Kalenders ungefähr so attraktiv erscheint wie ein aktueller Bayern-Freistoß (also wahlweise voll daneben oder unentschlossen in die Eier der mauernden Abwehrmauren), itzt also, wo sich uns der Winter schon so vorlaut ankündigt mit all seinem Unbill, sei als Trostlektüre und Gegengift ein Roman empfohlen, der sich erzählt wie sonst nur das Wetter im Bunde mit dem Klima: Ist’s Winter, hat’s Schnee und hat’s Schnee, is‘ kalt – und dann passiern‘ halt solche Sachen… Zumal in abgeschlossenen Bergtälern der Alpen, sowieso im 19. Jahrhundert, wenn irgendwo in den Alpen ein fahler Fremder ein Repetiergewehr aus dem Westen dabei hat (ja genau, aus dem Western-Westen) und es einen Grund zur Rache gibt, der selbst den Yogi wieder zur Ghurka greifen ließe…

Thomas Willmann hat mit „Das finstere Tal“ einen Erstling geschrieben, der mit einer geradezu unverschämten Unbekümmertheit Erzählmuster von Italo-Western, Clint-Eastwood-Filmen, europäischen „Trivialromanen“ des 19. Jahrhunderts und (stellenweise) der kristallinen Härte eines Cormac McCarthy zusammenrührt – mit dem Effekt, dass dabei ein Text entsteht, dessen Lektüre einem finstere Abende kurzweilig werden lässt. Wer mehr will, findet darüber hinaus schöne Stellen, die zur Reflexion über die paradoxen Beziehungen von Gewaltanwendung, Duldung, Selbstachtung und Freiheit einladen. Und an manchen Stellen hat die Prosa von Willmann einen Rhythmus, der ahnen lässt, dass der Autor von Haus aus Musiker ist.

Ach um wie viel schöner solch ein Buch zu lesen, als den hundertsten Schmarrn mit irgendwelchen Aktualfrustriertmittelstandsverwirrtvergangenheitsangearschtgegenwartsirritiert–hilflosphilosophischdesorientiertsexuellinversersautistischpseudokritisch-gescheitertenLITERATURNORMFIGurN lesen zu müssen/sollen…

P.S. Der Literaturkritiker einer „großen“ Tageszeitung“ hat ihn recht verrissen, den Willmann, und – danke – da dacht ich mir: den schaugst dir o! Weil, es ist ja so: Literaturkritik ist – genauso wie Religion – nicht per se uninformativ: Sie ist es ja nur dann, wenn man an sie glaubt.

Ausfluss.

Schreiben soll ich.
Sagt mir jeder.

Sofern ich ihm mitgeteilt habe, dass ich eine Schreibblockade habe, bevor ich etwas geschrieben habe. So in etwa wie eine NGO in Zentralafrika zu sein, nachdem man alle Hoffnung hat fahren lassen. Oder ein Gericht zu kochen für Freunde, das man selbst nicht essen will.

Anfänge habe ich genug. Wie zum Beispiel: „Es machte „piep“, einfach nur „Piieep!“ als Beginn einer Saga über eine Polarfliegertochter, die abstürzt, dabei Ihren Vater verliert und sich dann mit einem Eskimo-Jungen in eine Welt begibt, in der permanenter Wandel mit publikumswirksamen Wal-Kontakten verschmelzen und einer herzerweichenden Geschichte über Verlorenheit, Respekt und Freundschaft Bahn brechen.

Oder die Invektive „Weiss’ Du, Du kanns Dich auch ficken!“ als Anfang eines kleinen, schmutzigen Dramas aus Barmbeck, bei dem es darum geht, dass Louie (ich kann nix dafür, er heisst nun mal so) sich auf einem Kinderspielplatz mit Nuri darüber streitet, ob sie nicht Gebühren für den Besuch desselben kassieren sollten.

Oder ein enstpanntes „Wer sich hier verliert, findet so viel mehr wieder,“ als irreführendes Intro in einen eigentlich kritischen, eisenhart unter Gefahr für Leib & Leben hergebrachten Bericht über die neuen Brasilianischen Erweckungs-Sekten und ihre (durchaus erotischen) Protagonisten. Die natürlich alle tanzen können, wie der Teufel.

Oder wie wär’s mit: „Marco hatte es schon immer geliebt, zu riechen wie die milchigen Ausdünstungen einer blühenden Linde den aufdringlichen Aromen einer gegrillten Dorade Platz machen mussten; im Wissen, sie würden des Nachts Ihr Revier zurück erobern.“ als Einstimmung auf den provencalischen Ermittler, der Lebensfreude mit scharfsinniger Polizeiarbeit zu verbinden weiss?

Oder der nüchterne Ansatz eines: „Von verschreibungspflichtigen Medikamenten ging die finanzielle Power der gesamten EU aus. Allein die jährlich durchschnittlichen 18 Arztbesuche eines jeden Deutschen waren ein Markt, der dem der Automobil-Industrie glich, dabei deren Gewinnspannenn aber um ein Vielfaches überstieg.“ Als Anfang eines Anti-Lobbyism-Schmöckers, der sich gewaschen hat.

Wie auch immer: Ihr werdet noch warten müssen.
Denn die Welt dreht sich schneller, als ich denken kann.
Und sie macht mich sprachlos.

Love

Wiesn.

Was gibt es Schöneres, als an einem silbernen Oktobertag über gold-grüne Auen zu wandern und dabei einen kleinen weissen Ball alles versauen zu lassen? Der Herbst ist da. Und wir spielen auf der schönsten Wies’n weit & breit. Mehr weit als breit sozusagen. Und geradezu herbstkitschig. Also eigentlich alles gut.
Aber was, wenn man keine 50 Cent dabei hat?

Rattelschneck_Picasso

… oder wir alle die Masern kriegen?
Oder noch shlimmer: einen Prosecco!